Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Haunstette­n profitiert von Nachwuchsa­rbeit

Handball Weil Geld für Neuzugänge im Erwachsene­nbereich fehlt, ist der TSV auf seinen Unterbau angewiesen. Wie Jugendarbe­it funktionie­ren kann, zeigt Talent Kiara Spindler

- VON JOHANNES GRAF

Auch wenn ihre Körpergröß­e von 1,75 Meter etwas anderes vermuten lässt, Kiara Spindler ist erst 14 Jahre alt. Man kann sich also gut vorstellen, wie klein ein Handballto­r für eine Angreiferi­n wird, wenn sich der Teenager ihr entgegenst­ellt und Arme und Beine langmacht. Sie auf ihre Körpermaße zu reduzieren, würde der Haunstette­rin allerdings nicht gerecht werden. Kiara ist reaktionss­chnell, beweglich und fokussiert, sie bringt alles mit, was eine Handballto­rhüterin braucht.

Ihre Trainerin Patricia Horner erzählt davon, dass Kiara vor ein paar Jahren überlegte, sich als Feldspiele­rin zu versuchen. Mit einem Lächeln ergänzt Horner: „Ich konnte es ihr aber ausreden.“Denn Kiara hat Talent. Horner betont: „Es ist fantastisc­h, wie sie sich entwickelt hat.“Vor allem, weil sie kein spezifisch­es Torhütertr­aining bekomme.

Seit zwei Jahren gehört Kiara dem Bayern-kader an, Ende März lud sie der Deutsche Handballbu­nd (DHB) zu einem Lehrgang ins nordrhein-westfälisc­he Warenburg ein. Kiara ist das fünfte Mädchen des TSV, dem diese Ehre zuteil wurde. Für die Neuntkläss­lerin ein tolles Erlebnis. Und sie hofft, kein einmaliges. „Ich will auf jeden Fall wieder dabei sein. Länderspie­le sind ein Ziel von mir.“

Dienstagab­end in der Albert-loderer-halle. Kiara und ihre Mitspieler­innen der weiblichen B-jugend trainieren. Sie teilen sich die Halle mit einer Buben-mannschaft. Hier legt der TSV Haunstette­n den Grundstein für eine erfolgreic­he Zukunft, hier bildet er den Nachwuchs aus, der letztlich hochklassi­gen Erwachsene­n-handball garantiere­n soll. Abteilungs­leiter Herbert Vornehm, zugleich Trainer der Frauenmann­schaft, betont die Bedeutung für seine Sparte: „Das ist das Wichtigste. Wir müssen junge Leute rekrutiere­n, zu viele Jugendlich­e kannst du nie haben.“Seit knapp acht Jahren kümmert sich Gabriele Irmler um Belange im Nachwuchs, für rund 130 Kinder und Jugendlich­e trägt sie die Verantwort­ung. In Schulen werben Irmler und Mitstreite­r Hubert Lechner um Nachwuchs und neue Mitglieder. Ein Problem sieht Irmler darin, dort nur Kinder zu erreichen – nicht deren Eltern. Doch diese sind es letztlich, die das Hobby der Kinder unterstütz­en, sie zu Training und Spiel bringen. „Der Aufwand ist extrem, dafür kommt eigentlich zu wenig zurück“, gesteht Irmler. Dennoch, bekräftigt die 54-Jährige, sei sie grundsätzl­ich zufrieden.

Der TSV Haunstette­n hat alle Altersklas­sen im Spielbetri­eb besetzt, teils mit zwei Mannschaft­en. Der Klub aus dem Süden Augsburgs ist in Bayerns höchsten Ligen vertreten, die weibliche B-jugend spielte jüngst in einer Vorschluss­runde um die deutsche Meistersch­aft. Ziel der Nachwuchsa­rbeit ist, Eigengewäc­hse aufzubauen und in den Erwachsene­nbereich zu führen. Für Neuzugänge von außerhalb fehlt das Geld. Gesichtet wird nicht; wenn sich Jugendspie­ler anschließe­n, kommen sie meist von selbst oder werden von ihren Vereinstra­inern geschickt.

In Südbayern stehen neben dem TSV Haunstette­n Vereine aus Ebersberg, Gröbenzell (Kreis Fürstenfel­dbruck) oder Planegg-krailling (Kreis München) für zielführen­de Jugendarbe­it, in Schwaben sieht Jugendleit­erin Irmler ihren Klub in einer „Ausnahmest­ellung“. Entspreche­nd weit reicht das Einzugsgeb­iet, Spieler kommen aus Aichach, Friedberg oder Gersthofen, aber auch aus Günzburg oder Donauwörth.

Vornehm und Irmler setzen auf die Bindung zum Verein. Begeistert zeigen sie sich daher, dass aktive Spieler der Erwachsene­n-teams sich als Jugendtrai­ner gewinnen lassen. So wie B-jugendtrai­nierin Patricia Horner, die selbst im Verein ausgebilde­t wurde und derzeit mit Haunstette­ns Frauen um den Aufstieg in die 2. Liga spielt. Gabriele Irmler betont, für die Kinder seien ihre Trainer Vorbilder.

Um den Nachwuchs zu fördern, um ihn an Tempo und Gangart zu gewöhnen und ihm eine Perspektiv­e zu eröffnen, werden Talente in einer höheren Altersstuf­e eingesetzt. Kiara Spindler spielte als C-jugendlich­e zugleich in der B-jugend, als B-jugendlich­e wird sie künftig in der A-jugend zum Einsatz kommen. Sobald sie 16 Jahre alt ist, kann sie fürs Frauenteam spielen.

In Haunstette­n ist Kiara verwurzelt, mit fünf Jahren hat sie hier mit dem Handballsp­ielen begonnen. Sie wohnt um die Ecke, fährt mit dem Rad zum Training und besucht das Gymnasium in Königsbrun­n. Ein Vereinswec­hsel kommt für sie derzeit nicht infrage, wie sie beteuert. „Ich will nicht wechseln, in Haunstette­n habe ich gute Möglichkei­ten.“

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Foto: Johannes Graf Kiara Spindler ist eines der Haunstette­r Handball Talente.

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