Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Vernunft ohne Obergrenze

Kabarett Älter ist Bruno Jonas geworden, und auch milder. Aber bei einigen Themen wird er trotzdem noch zornig

- VON CLAUDIUS WIEDEMANN

Dauert ein Kabarettab­end normalerwe­ise inklusive Pause knapp zwei Stunden, dann kann das mit Bruno Jonas schon einmal ein wenig länger werden. Dabei hatte ihm seine Frau eigens aufgetrage­n nicht wieder so gescheit daher zu reden. Aber das Publikum hat sich im Kongress am Park über Jonas’ Weltsicht von den Dingen bestens amüsiert, und das mehr als drei Stunden lang.

Wenn Jonas die Bühne betritt und loslegt, dann sieht das alles so aus, als hätte er bereits einige Stunden geredet. Es geht dabei um Gott und die Welt, um alles, was ihm so in den Sinn kommt. Und das ist einiges, vor allem mit Blick auf die deutsche und internatio­nale Politik, auf die Entwicklun­gen in der Gesellscha­ft, von Diesel bis Digitalisi­erung. Kaum hatte er die Grünen zerpflückt, da widmete er sich auch schon dem Verhältnis der Geschlecht­er, zuvorderst der Genderdeba­tte. Mit seinen Körperwelt­en, – denn Mann oder Frau sollte man schlicht nicht mehr sagen – , bescherte er seinem Publikum wahre Zwerchfell­attacken. Gefährlich wurde es für die Zuschauer jedoch nicht, da diese sicherlich ihre I-watch parat hätten und somit würde man ja bereits sehen, wann der Herzinfark­t im Anzug sei.

Über Bruno Jonas selbst muss man den Freunden des Kabaretts nicht viel erzählen. Als niederbaye­risches Urgestein macht er Kabarett seit Mitte der siebziger Jahre, lange Jahre an der Seite von Dieter Hildebrand­t oder Sigi Zimmerschi­ed. Man kennt Jonas vom Nockherber­g, ebenso wie aus einer Vielzahl von Kinofilmen und Fernsehser­ien, allen voran der Kultserie „Irgendwie und Sowieso“.hier schließt sich ein Kreis zu seinem aktuellen Programm „Nur mal angenommen“. Gab Jonas in besagter Serie einst den Postboten Tango, so ist er nun der Nachbar, bei dem alle Zulieferer ihre Pakete deponieren wollen. Wer kennt diese Situation nicht? Es klingelt an der Tür, draußen ein Mann mit einem Päckchen in der Hand. Aber das ist nicht für uns, sondern für einen unserer Nachbarn. Doch Jonas hat aus der Not eine Tugend gemacht und von seinen Nachbarn Persönlich­keitsprofi­le erstellt. Jetzt kann er für diese gleich etwas bestellen, da er wisse, was sie benötigten.

Älter ist Jonas geworden, auch milder wirkt er, als in früheren Jahren. Dies jedoch nur solange, bis es ernst wird. Beim Thema Islam und Deutschlan­d, aber auch bei Laubbläser, hat sich diese Milde sofort verflüchti­gt. Dann fordert er, beinahe zornig, mehr Vernunft für Deutschlan­d und dies ganz ohne Obergrenze.

 ?? Foto: Wolfgang Diekamp ?? Er redet, was ihm gerade in den Sinn kommt, da kann die Vorstellun­g auch länger dauern. Im Kongress am Park waren es mehr als drei Stunden.
Foto: Wolfgang Diekamp Er redet, was ihm gerade in den Sinn kommt, da kann die Vorstellun­g auch länger dauern. Im Kongress am Park waren es mehr als drei Stunden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany