Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
28000 neue Bäume für den Wald im Trinkwasserschutzgebiet
Natur Im Stadtwald wird eine seltene Baumart gepflanzt. Das soll gut fürs Augsburger Trinkwasser sein. Umfangreiche Nachpflanzungen sind aber auch wegen der vielen Schädlinge nötig
Der Borkenkäfer wütet massiv im Stadtwald, und das seit drei Jahren. Die Schäden sind so groß, dass die städtische Forstverwaltung allein in diesem Frühjahr 28 000 Bäume nachpflanzen musste. Eine ganz besondere Pflanzaktion fand am Freitag in Sichtweite des Klinikums Süd statt. Dort griffen Auszubildende der städtischen Forste zur Hacke. Sie pflanzten eine Baumart, die sehr selten und neu für Augsburg ist: die Wildbirne.
Doch zurück zum Borkenkäfer. Der Schädlingsbefall hat besonders den Haunstetter Wald schlimm erwischt. Der Grund: Die Böden sind dort kiesig und trocken. Deshalb seien die Lebensbedingungen für Nadelbäume besonders schwierig, sagt der Augsburger Forstamtschef Jürgen Kircher. Die Fichten bekommen leicht Wassermangel und geraten in „Trockenstress“. Wenn dann der Borkenkäfer angreift, können sich die Bäume nicht mehr mit fließendem Harz gegen den Schädlingsbefall wehren. Allein im Revier Haunstetten mussten deshalb rund 3000 Bäume gefällt werden. Das sei rund ein Drittel mehr, als normalerweise an Holz eingeschlagen worden wäre, sagt Revierleiter Christian Ripperger.
Der Stadtwald ist Naturschutzgebiet und Trinkwasserschutzgebiet. Normalerweise setzen die Förster dort auf eine Naturverjüngung des Waldes. Das bedeutet, dass aus den Samen der großen Bäume neue kleine Bäume nachwachsen. Seit der Borkenkäfer massive Schäden anrichtet, funktioniert das aber nicht mehr überall. Deshalb musste im Frühjahr in großem Umfang aufge- forstet werden. Aber nicht nur der Borkenkäfer macht Probleme. Den heimischen Baumarten im Stadtwald macht auch der Klimawandel mit längeren starken Hitzeperioden zu schaffen. Im städtischen Forstamt hat man daraus Konsequenzen gezogen. Statt der üblichen Fichten, Kiefern, Eschen, Erlen und Ulmen, die teilweise auch durch diverse Krankheiten schwächeln, werden zunehmend Weißtannen, Eichen oder Elsbeeren gepflanzt. Letztere eine Baumart, die sonst in wärmeren Gegenden Deutschlands vorkommt, etwa in Weinbaugebieten.
Eine ganz besondere und seltene Baumart in Deutschland – die Wildbirne – wurde nun auf einer Wiese am Waldrand beim Klinikum Süd gepflanzt. „Sie ist im Grunde neu für Augsburg“, sagt Kircher. Die 250 Pflänzchen stammen aus einer Baumschule in Hessen, die sich auf solche Nachzüchtungen spezialisiert hat.
Wildbirnen brauchen einen ganz bestimmten Lebensraum. Sie benötigen viel Licht, damit sie gut gedeihen. Wenn der Standort stimmt, blühen sie aber sehr schön am Waldrand und sind nützlich für viele Tierarten. Bienen profitieren von dieser Baumart, sagt Kircher, aber auch Fuchs, Dachs oder Marder. Sie fressen die Früchte der Wildbirne, die klein und hart sind. Für Menschen sind sie nicht genießbar.
Noch sehen die neuen Wildbirist nenbäumchen aus wie kleine, unscheinbare Stecken im Boden. Die Pflänzchen müssen durch einen Zaun geschützt werden, damit die Rehe sie nicht fressen. Doch schon in einigen Jahren soll das Wildbirnenwäldchen heranwachsen und größere Wirkung entfalten. Den Hintergrund erklärt Jürgen Fergg, Sprecher der Augsburger Stadtwerke. „Es geht um unser naturbelassenes Trinkwasser mit besten Werten.“
Etwa 500 Meter entfernt von der Neupflanzung haben die Stadtwerke einen neuen Brunnen für die Augsburger Wasserversorgung gebohrt. Direkt am Brunnen mussten Bäume fallen. Weil der Bannwald in der engeren Trinkwasserschutzzone aber besonders geschützt ist, wurden nun die neuen Wildbirnen auf einem benachbarten Grundstück der Stadtwerke am Waldrand gepflanzt.
Zusammen mit dem gesamten Laubwald sollen diese Bäume dafür sorgen, dass nach Regenfällen die natürlichen Wasserreservoire in Augsburg gut aufgefüllt werden. Wie Eva Sailer von der Wasserwirtschaft der Stadtwerke erklärt, fällt unter Laubwald deutlich mehr neues Grundwasser an als ohne diese Bäume. Rund 800 000 Liter mehr pro Jahr seien es, schätzen Experten.
Ein intakter Stadtwald ist für die Augsburger Trinkwasserversorgung enorm wichtig, den dort liegen die meisten Brunnen. Das betont Stadtwerkesprecher Fergg. Rund 17 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr fließen aus diesen Brunnen über das Leitungsnetz an rund 350000 Menschen, die in Augsburg und angrenzenden Gemeinden leben.