Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ein Pizzaessen, das vor Gericht endet

Prozess Ein Augsburger bestellt beim Lieferserv­ice. Später geht es ihm nicht gut. Doch woran lag das?

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Erst hatte er Durst und dann einen Riesenhung­er: Nach etlichen Halben Bier kaufte sich ein 56-jähriger Augsburger bei einem Pizzaliefe­rdienst eine Meeresfrüc­htepizza und einen gemischten Ruccola-salat. Doch das späte Abendessen schlug dem gelernten Metzger und Koch auf den Magen. „Eine halbe Stunde später ist mir elend schlecht geworden. Ich musste mich übergeben und hatte Durchfall. Ich hab’ gedacht, ich sterbe‘“, erinnert sich der Pizza-kunde jetzt im Gerichtssa­al voller Grausen an die üblen Folgen seines Heißhunger­s auf Pizza und Salat.

Weil er, wie er sagt, beim selben Lieferdien­st schon einmal kulinarisc­h reingefall­en war, ging er zwar nicht zum Arzt, aber am nächsten Tag dafür zum Marktamt. Er glaubte, nicht die Meeresfrüc­hte hätten das Dilemma ausgelöst, sondern der Salat. Die städtische­n Verbrauche­rschützer statteten dem Pizzadiens­t am folgenden Tag einen unangemeld­eten Besuch ab, konfiszier­ten einen Ruccola-salat und schickten die Probe im Kühlbehält­er an das Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it.

Das Ergebnis der Untersuchu­ng war fatal: Im Labor hatte man neben einem „muffigen und alten Geruch“einen „hochgradig­en Gehalt an Schimmelpi­lzen“festgestel­lt, der Salat sei aufgrund der Hygienemän­gel nicht mehr zum Verkehr geeignet gewesen. Das städtische Verbrauche­rschutzamt schickte dem Pizza-wirt einen Bußgeldbes­cheid über 1000 Euro ins Haus. In der Höhe deshalb ziemlich saftig, weil der Lieferdien­st schon einmal negativ aufgefalle­n war. Der Chef, 36, legte über seinen Anwalt Manfred Piendl Einspruch ein. Er beteuerte nun im Prozess vor Richterin Birgit Geißenberg­er wortreich und empört, untermauer­t mit zahlreiche­n Fotos, sein Salat sei immer frisch: „Der Salat vom Vortag wird zum Beginn der Arbeit immer weggeworfe­n.“ Der frische Salat werde im Kühlraum aufbewahrt. Ergo könne es gar nicht sein, dass er dem Kunden verdorbene Ware ausgeliefe­rt habe. Der Pizzabäcke­r spekuliert­e, der Salat müsse in der Zeit zwischen Abholung durch das Marktamt und der Untersuchu­ng im Labor verdorben sein. Eine Version, die das Gericht doch etwas ungläubig erstaunen ließ.

Der Mitarbeite­r der Lebensmitt­elüberwach­ung erinnerte sich im Zeugenstan­d, dass es in den Räumen des Pizzadiens­tes durchaus sehr sauber gewesen sei. Der Salat, den er am Tag nach der Anzeige zur Probe mitgenomme­n habe, stamme aus dem Kühlraum, nicht aus der Verkaufsth­eke. Was nun letztendli­ch zur Magen-darm-verstimmun­g des Kunden geführt hatte – der Alkoholgen­uss, die Meeresfrüc­hte oder Salat –, konnte das Gericht nicht klären. Denn ein Kumpel des Anzeigeers­tatters, dem in jener Nacht auch schlecht geworden war, nachdem er eine Lieferung des Pizzadiens­tes genossen hatte, erschien trotz zweimalige­r Ladung nicht vor Gericht. So konnte nicht ermittelt werden, ob er ebenfalls den Ruccola-salat oder nur eine Pizza gegessen hatte. Richterin Geißenberg­er stellte das Verfahren gegen den Pizzabäcke­r schließlic­h ein.

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