Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Was die Gewerkschafter am Tag der Arbeit fordern
Protest Die Wirtschaft im Land brummt. Doch bei der Mai-kundgebung überwiegt der Ärger über Unternehmen, die auf Kosten der Beschäftigen sparen. Auch die Augsburger Familie Haindl wird von einem Redner angesprochen
Freude und Frust liegen eng beieinander an diesem Mai-feiertag auf dem Rathausplatz. Beschäftigte aus dem Öffentlichen Dienst können sich über einen guten Tarifabschluss freuen, der kürzlich besiegelt wurde. Auch die „Metaller“bekommen deutlich mehr Geld. Zur Maikundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) sind aber auch Mitarbeiter von Ledvance – ehemals Osram – gekommen. Ihre Aussichten sind schlecht, der Standort soll geschlossen werden. Auch beim Luftfahrtzulieferer Premium Aerotec gibt es dunkle Wolken, hier ist ein Stellenabbau geplant.
An die Ledvance-arbeiter wendet sich die regionale Dgb-chefin, Silke Klos-pöllinger, direkt in ihrer Rede. Sie sagt: „Es ist unfassbar und eine Schande, wie mit Euch umgegangen wird.“Die Mitarbeiter des früheren Osram-werks hatten bis zuletzt für den Standort gekämpft und sogar ein Konzept entwickelt, wie es mit neuen Produkten weitergehen könnte. Doch die Firmenleitung ging darauf nicht ein. Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) sagt deshalb in seiner Rede: „Die Arbeitnehmer können mit Sicherheit nichts dafür.“Nun gehe es darum, die Betroffenen zu unterstützen und nach Perspektiven für sie zu suchen. In Augsburg gibt es für solche Situationen eine „Allianz für Arbeitsplätze“. Diese setzt sich zusammen aus Vertretern der Stadt, der Arbeitsagentur, der Gewerkschaften und der Kammern.
Mit der Ledvance-führung geht auch der bayerische Dgb-vorsitzende Matthias Jena hart ins Gericht. Er bezeichnet die Werkschließung vor mehreren hundert Zuhörern auf dem Rathausplatz als „unglaubliche Dummheit“und „rücksichtslose Flucht aus der Verantwortung“. Matthias Jena lobt den Einsatz von Kurt Gribl für die Arbeiter in Augsburg. Ansonsten muss sich Gribl aber, der auch einer der Vize-chefs der CSU ist, stellvertretend für seine Partei, eine Menge Kritik anhören. Der Gewerkschafter wirft vor allem der Union vor, zu wenig zu tun gegen die zunehmende Tarifflucht von Firmen. Und er prangert Versäumnisse im Wohnungsbau an. Der von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angekündigte Bau von 10000 neuen Sozialwohnungen, sei nur „ein winziger Tropfen auf einen sehr heißen Stein“. Als aktuelles Beispiel für Tarifflucht nennt Matthias Jena die Gersthofer Backbetriebe, die auch die Lechbäck-filialen in der Region betreiben. Das Unternehmen macht Verluste und will Weihnachts- und Urlaubsgeld streichen. Das sei Sparen „auf dem Rücken der Beschäftigten“. Die Backbetriebe gehören zur Serafin-unternehmensgruppe. Dahinter steht unter anderem Philipp Haindl, ein Sohn des früheren Chefs der Augsburger Papierfabrik Haindl. Der DBG-CHEF sieht die Unternehmerfamilie in der Pflicht. „Die Familie Haindl war doch mal stolz auf ihre soziale Tradition“, sagt er. „Wo ist die geblieben?“
Die Gewerkschafter nutzen die Mai-kundgebung auch, um auf die nächste große Demonstration hinzuweisen. Der DGB beteiligt sich an einer Protestaktion gegen den Bundesparteitag der „Alternative für Deutschland“(AFD), der am Wochenende 30. Juni/1. Juli in Augsburg stattfinden soll. Für Samstag, 30. Juni, ist eine Gegenkundgebung auf dem Rathausplatz geplant. Matthias Jena fordert die Mitglieder auf, an den Protesten teilzunehmen: „Die Partei ist keine Alternative, sie ist eine Schande für Deutschland.“
Der frühere schwäbische DGBCHEF Helmut Jung ist zudem mit dem „Adlhoch-preis für Gerechtigkeit“der Katholischen Arbeitnehmer-bewegung ausgezeichnet worden. Zur Begründung hieß es, er habe 27 Jahre lang die Gewerkschaftsarbeit in der Region mit seiner „offenen, umsichtigen und kooperativen Art“geprägt.