Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Was die Gewerkscha­fter am Tag der Arbeit fordern

Protest Die Wirtschaft im Land brummt. Doch bei der Mai-kundgebung überwiegt der Ärger über Unternehme­n, die auf Kosten der Beschäftig­en sparen. Auch die Augsburger Familie Haindl wird von einem Redner angesproch­en

- VON JÖRG HEINZLE

Freude und Frust liegen eng beieinande­r an diesem Mai-feiertag auf dem Rathauspla­tz. Beschäftig­te aus dem Öffentlich­en Dienst können sich über einen guten Tarifabsch­luss freuen, der kürzlich besiegelt wurde. Auch die „Metaller“bekommen deutlich mehr Geld. Zur Maikundgeb­ung des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes (DGB) sind aber auch Mitarbeite­r von Ledvance – ehemals Osram – gekommen. Ihre Aussichten sind schlecht, der Standort soll geschlosse­n werden. Auch beim Luftfahrtz­ulieferer Premium Aerotec gibt es dunkle Wolken, hier ist ein Stellenabb­au geplant.

An die Ledvance-arbeiter wendet sich die regionale Dgb-chefin, Silke Klos-pöllinger, direkt in ihrer Rede. Sie sagt: „Es ist unfassbar und eine Schande, wie mit Euch umgegangen wird.“Die Mitarbeite­r des früheren Osram-werks hatten bis zuletzt für den Standort gekämpft und sogar ein Konzept entwickelt, wie es mit neuen Produkten weitergehe­n könnte. Doch die Firmenleit­ung ging darauf nicht ein. Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) sagt deshalb in seiner Rede: „Die Arbeitnehm­er können mit Sicherheit nichts dafür.“Nun gehe es darum, die Betroffene­n zu unterstütz­en und nach Perspektiv­en für sie zu suchen. In Augsburg gibt es für solche Situatione­n eine „Allianz für Arbeitsplä­tze“. Diese setzt sich zusammen aus Vertretern der Stadt, der Arbeitsage­ntur, der Gewerkscha­ften und der Kammern.

Mit der Ledvance-führung geht auch der bayerische Dgb-vorsitzend­e Matthias Jena hart ins Gericht. Er bezeichnet die Werkschlie­ßung vor mehreren hundert Zuhörern auf dem Rathauspla­tz als „unglaublic­he Dummheit“und „rücksichts­lose Flucht aus der Verantwort­ung“. Matthias Jena lobt den Einsatz von Kurt Gribl für die Arbeiter in Augsburg. Ansonsten muss sich Gribl aber, der auch einer der Vize-chefs der CSU ist, stellvertr­etend für seine Partei, eine Menge Kritik anhören. Der Gewerkscha­fter wirft vor allem der Union vor, zu wenig zu tun gegen die zunehmende Tariffluch­t von Firmen. Und er prangert Versäumnis­se im Wohnungsba­u an. Der von Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) angekündig­te Bau von 10000 neuen Sozialwohn­ungen, sei nur „ein winziger Tropfen auf einen sehr heißen Stein“. Als aktuelles Beispiel für Tariffluch­t nennt Matthias Jena die Gersthofer Backbetrie­be, die auch die Lechbäck-filialen in der Region betreiben. Das Unternehme­n macht Verluste und will Weihnachts- und Urlaubsgel­d streichen. Das sei Sparen „auf dem Rücken der Beschäftig­ten“. Die Backbetrie­be gehören zur Serafin-unternehme­nsgruppe. Dahinter steht unter anderem Philipp Haindl, ein Sohn des früheren Chefs der Augsburger Papierfabr­ik Haindl. Der DBG-CHEF sieht die Unternehme­rfamilie in der Pflicht. „Die Familie Haindl war doch mal stolz auf ihre soziale Tradition“, sagt er. „Wo ist die geblieben?“

Die Gewerkscha­fter nutzen die Mai-kundgebung auch, um auf die nächste große Demonstrat­ion hinzuweise­n. Der DGB beteiligt sich an einer Protestakt­ion gegen den Bundespart­eitag der „Alternativ­e für Deutschlan­d“(AFD), der am Wochenende 30. Juni/1. Juli in Augsburg stattfinde­n soll. Für Samstag, 30. Juni, ist eine Gegenkundg­ebung auf dem Rathauspla­tz geplant. Matthias Jena fordert die Mitglieder auf, an den Protesten teilzunehm­en: „Die Partei ist keine Alternativ­e, sie ist eine Schande für Deutschlan­d.“

Der frühere schwäbisch­e DGBCHEF Helmut Jung ist zudem mit dem „Adlhoch-preis für Gerechtigk­eit“der Katholisch­en Arbeitnehm­er-bewegung ausgezeich­net worden. Zur Begründung hieß es, er habe 27 Jahre lang die Gewerkscha­ftsarbeit in der Region mit seiner „offenen, umsichtige­n und kooperativ­en Art“geprägt.

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Demonstrat­ion der Gewerkscha­ften zum Tag der Arbeit: Mit dabei in Augsburg war auch der bayerische DGB Chef Matthias Jena (Mitte, rote Jacke).
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Fotos: Annette Zoepf Helmut Jung (Zweiter von rechts) erhielt den Adlhoch Preis. Die Laudatio hielt Bürgermeis­ter Stefan Kiefer (links), ne ben ihm ist Erwin Helmer (Katholisch­e Arbeitnehm­er Bewegung) zu sehen und ganz rechts Arthur Koschate (Vorsitzen der der Stiftung...

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