Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Was Archäologen zur Walter Garage sagen
Interview Der ehemalige Bauunternehmer Ignaz Walter bietet Augsburg eine Tiefgarage in der Fuggerstraße an. Stadtarchäologe Sebastian Gairhos erklärt, welche historischen Spuren man dort im Boden finden könnte
Augsburg hat eine über 2000-jährige Stadtgeschichte. Bis heute sind zahlreiche historische Spuren über und unter der Erde zu finden, was viele Bauvorhaben schwierig macht. Ex-bauunternehmer Ignaz Walter möchte nun eine Tiefgarage in der Fuggerstraße bauen. Wie schätzen Sie als Archäologe die Situation ein? Gairhos: Ohne Pläne, wo die neue Walter-garage hin soll, sind Aussagen schwierig.
Bekannt ist doch aber, dass sich in diesem Bereich Reste der alten Stadtmauer befinden ... Gairhos: Das ist richtig. Seit dem 12. Jahrhundert verlief ein Abschnitt der Stadtmauer vom heutigen Theater entlang der Fuggerstraße über den Königsplatz, den Theodorheuss-platz bis zum Roten Tor. Entlang der Stadtmauer zog sich auch ein 40 Meter breiter und acht Meter tiefer Wehrgraben. Wie er ausgesehen hat, davon kann man sich heute noch ein Bild in den Grünanlagen am Roten Tor oder in der Thommstraße am Lueginsland machen.
Über der Erde ist von der Stadtmauer zwischen Kö und Theater nichts mehr zu sehen. Woher wissen die Archäologen, wie sie verlaufen ist? Gairhos: Stadtmauer und Graben waren in diesem Bereich noch bis in die 1860er-jahre vorhanden. Man muss nur auf alte Karten schauen, dort kann man den Verlauf erkennen. Es gibt teilweise auch historische Fotografien.
Warum musste die Stadtmauer dort weichen, an anderen Stellen nicht? Gairhos: Im Zuge der Modernisierung Augsburgs wollte man die Stadt in Richtung Bahnhof öffnen und einen breiten Boulevard mit repräsentativen Gebäuden schaffen. Stehen die unterirdischen Reste der alten Stadtmauer einer neuen Garage unter der Fuggerstraße im Weg? Gairhos: Man muss sehen, was noch an historischer Bausubstanz übrig ist. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass sich die Reste der Stadtmauer am östlichen Rand der Fuggerstraße entlang ziehen. Unter der Fuggerstraße dürfte der Wehrgraben mit späteren Verfüllungen verlaufen. Sie sind archäologisch voraussichtlich nicht so wertvoll.
Wäre der Garagenbau dann archäologisch unproblematisch? Gairhos: Das kommt darauf an, welche Ausmaße die Garage hätte. Mit entscheidend wird auch sein, wie die Zufahrten gelegt werden. Wie gesagt, ohne Pläne sind Aussagen schwierig.
Wo gibt es nach Ihrer vorläufigen Einschätzung schwierige Stellen? Gairhos: In Richtung Königsplatz stand seit 1538 die Bastion vor dem Gögginger Tor, von der noch viele Überreste unter der Erde vorhanden sind. Das wäre ein schwieriger Bereich für bauliche Eingriffe.
Gairhos: Auch wenn es Garagenzufahrten im Bereich Theater/grottenau geben sollte, müssten sie wohl durch die Reste der alten Stadtmauer geführt werden. Eine stadtgeschichtlich wichtige Bausubstanz wäre betroffen.
Wer entscheidet, ob diese Zeugnisse für eine Garage zerstört werden dürfen? Gairhos: Die Entscheidung darüber trifft die Stadt. Gesetzlich vorgeschrieben ist aber, dass vorher archäologische Grabungen stattfinden müssen, um das historische Erbe zu dokumentieren. Sebastian Gairhos ist promovierter Archäo loge und Leiter der Augs burger Stadtarchäolo gie.