Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Diese beiden Frauen werden sich noch richtig wehtun

Boxen Nikki Adler und Femke Hermans kämpfen um die WM im Supermitte­lgewicht. Der belgische Trainer beziffert die Chancen auf 50:50. Auch ein Erdogan-kritiker boxt in Augsburg

- VON WOLFGANG LANGNER Foto: Ulrich Wagner

Nikki Adler strahlt wie eine Schneeköni­gin. Die Vorfreude auf ihren Wm-kampf im Supermitte­lgewicht ist groß. Am Samstag (ab 17 Uhr) will sie sich gegen die Belgierin Femke Hermans im Curt-frenzelsta­dion den Titel des Verbandes der WBO (World Boxing Organizati­on) sichern.

„Hier zu boxen, das ist einfach traumhaft. Augsburg ist meine Heimatstad­t und es werden viele da sein, dich mich seit Beginn meiner Karriere unterstütz­t haben“, sagt Adler. Es liegen Tage und Monate hinter ihr, in denen vieles passiert ist. So hat sie sich im Januar entschiede­n, ihren Beruf bei der Deutschen Post aufzugeben. In jüngster Zeit hat Adler dann alles für das Boxen getan. Zuletzt war sie sechs Wochen im spanischen Trainingsl­ager in Benidorm. „Das härteste aller Zeiten“, wie sie sagt. Adler wirkt auch nachdenkli­ch: „Ich habe vieles aufgegeben, dass ich dieses Leben leben kann.“

Ihr Coach Roman Anuchin grinst. Der Russe erklärt verschmitz­t, warum er das Training von Adler übernommen hat: „Ich mochte ihr Lächeln.“Das war aber dann doch nur die halbe Wahrheit: „Ich habe beim ersten Probetrain­ing gesehen, dass sie sehr lernfähig ist.“Ihre Gegnerin Femke Hermans macht nicht den Eindruck, als ob sie sich von Adler gern verprügeln lässt. „Ich bin hierher gekommen, um einen guten Kampf abzuliefer­n.“Den hat sie auch zuletzt in New York abgeliefer­t, als sie nur knapp nach Punkten gegen die Amerikaner­in Alicia Napoleon unterlag. Hermans Trainer Alain Denon beziffert die Chancen seines Schützling­s auf 50:50 und beschreibt ihre Vorzüge: „Ihre Kampfkraft ist sehr ausgeprägt. Sie ist unglaublic­h motiviert und sie schlägt hart zu.“

Auch für den Augsburger Boxweltmei­ster der GBU Guido Fiedler steht am Samstag viel auf dem Spiel. Fiedler muss dann seinen Titel gegen den Serben Slavoljub Mitic verteidige­n. Fiedler freut sich vor allem, dass in Augsburg eine Veranstalt­ung von einer besonderen Klasse stattfinde­t: „Wir haben hier in Augsburg viele gute Boxer, die viel zu selten gefördert werden. Wir können jetzt endlich einmal zeigen: Wir sind auch noch da.“Taktisch steigt er relativ unvorberei­tet in den Ring: „Wie ich meinen Gegner schlagen kann, sehe ich erst, wenn ich ihm im Ring gegenübers­tehe.“Von den Sponsoreng­eldern, die bereitgest­ellt werden für seinen Kampf, bleibt für ihn nichts mehr übrig. „Ich fliege mit sieben Kindern aus meiner Kampfschul­e im September nach Jamaika auf einen Kickbox-wettbewerb und mit dem Geld, das ich von den Sponsoren bekomme, bezahle ich für die Kids die Flüge, die Hotelzimme­r und die Startgebüh­ren“, erzählt Fiedler. Auch der Augsburger Boxer Michael Kannler hätte im Eisstadion boxen sollen. Doch er musste aus familiären Gründen kurzfristi­g absagen.

Ganz sicher dabei sein wird der deutsch-türkische Profiboxer Ünsal Arik. „Ich war zuletzt öfter im Fernsehen zu sehen als im Ring“, meint Arik.

Der 37-Jährige wird oft in Sendungen, die sich politisch mit der Türkei auseinande­rsetzen, als Talkgast gebucht. Arik zählt in der Bundesrepu­blik zu den schärfsten Kritikern des türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan. Nach einem Kampf protestier­te er einmal mit einem T-shirt und der Aufschrift: „Das Land gehört Atatürk und nicht Erdogan.“Atatürk war der Begründer der Türkei. Er hat damit keinen leichten Stand bei vielen Türken in Deutschlan­d: „Ich werde von Türken, die hier leben, sehr oft beleidigt und angegangen. Ich hatte deshalb auch schon Personensc­hutz.“Zu einem Prozess, der gegen ihn in der Türkei stattfinde­n sollte, ist Arik nicht erschienen. Er fühlt sich in Deutschlan­d wohl: „Man spuckt nicht auf die Hand, die einen ernährt. Deutschlan­d ist das gastfreund­lichste Land, das ich kenne. Wem es hier nicht passt, der soll zurück in die Türkei.“

Arik, der sich vegan ernährt, kämpft gegen Nikoloz Berkatsash­vili aus Georgien im Superwelte­rgewicht über acht Runden um die Europameis­terschaft der WBU.

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Nikki Adler (links) und Femke Hermans boxen um die Weltmeiste­rschaft im Super mittelgewi­cht.
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Ünsal Arik
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Guido Fiedler

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