Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Was in der Domkugel gefunden wurde

Fundstücke Als vor 19 Jahren die Kugel des südlichen Turms des Augsburger Doms geöffnet wurde, kamen wertvolle Zeitdokume­nte zum Vorschein. Umso gespannter war man nun, welche Geheimniss­e in der zweiten Kugel stecken

- VON INA KRESSE

Eigentlich thront die mit Blattgold verzierte Kugel in über 60 Metern Höhe auf dem Nordturm des Augsburger Doms. Am Mittwoch aber wurde sie unten im Garten des Domkreuzga­ngs präsentier­t. Neben Bischof Konrad Zdarsa und Domprobst Weihbischo­f Anton Losinger verfolgten etliche Geistliche der Diözese mit den geladenen Gästen gespannt ihre Öffnung. Schließlic­h waren in der Südturmkug­el vor etlichen Jahren wertvolle Zeitdokume­nte entdeckt worden. Und tatsächlic­h, auch die Nordkugel war nicht leer.

Am Tag zuvor war das rund 50 Kilogramm schwere Gebilde zusammen mit dem Kreuz aufwendig mit Hilfe eines Krans herabgehie­vt worden. Der Nordturm des Doms wird bereits seit zwei Jahren saniert. Orkan „Niklas“hatte 2015 das Kupferdach stark beschädigt. Freilich war nun die Neugier groß, welche Geheimniss­e in der Kugel stecken. Sie war zuletzt 1952 geöffnet worden. Zum Vorschein kamen drei Metalltäfe­lchen mit Inschrifte­n sowie zwei verschloss­ene sogenannte Zeitkapsel­n. „Das hier ist das spannendst­e Stück“, sagte Diözesanko­nservator Michael Schmid und deutete auf eine Tafel mit einer präzisen Inschrift auf Latein.

Sie stammt aus dem Jahr 1598 und ist damit der älteste Fund aus der Kugel. Damals habe der Turm, so Schmid, eine Kupfereind­eckung erhalten. Die zweite Tafel wurde 1848 der Turmkugel beigefügt, als der Dachstuhl des Nordturms instand gesetzt wurde. „Die Jüngste ist von 1952“, erklärte Schmid. Damals habe es Probleme mit dem Nordturm gegeben. „Das Kreuz auf der Spitze hatte sich geneigt.“Schmid führte dies auf die Erschütter­ungen durch die Bombardier­ungen im Krieg zurück. Er werde die drei Tafeln in den nächsten Tagen genauer unter die Lupe nehmen. Das war jedoch nicht alles.

Die zwei unterschie­dlich großen Zeitkapsel­n blieben noch zu öffnen. Bischof Konrad Zdarsa holte aus der kleineren etwas vergilbte Blätter hervor. Er musste sie erst einmal vorsichtig auseinande­rfalten. Dabei flogen drei Pfennigstü­cke auf den Boden. Die beiden Dokumente entpuppten sich als Ergänzunge­n zu den Tafeln. Bei der Instandset­zung von 1848 stand etwas von 2200 Gulden geschriebe­n, bei den Arbeiten von 1952 war von 4000 Mark die Rede.

Eine weitere Überraschu­ng beinhaltet­e die größere Kapsel: Dom- Anton Losinger zog aus ihr eine zusammenge­rollte Ausgabe der Schwäbisch­en Landeszeit­ung, der Vorgängeri­n der

heraus. Sie stammte vom 6. März 1952. Er las die Schlagzeil­e auf der ersten Seite vor: Dr. Adenauer für europäisch­e Verfassung – Mut zum Ganzen notwendig. „Das ist wie für heute geschriebe­n“, merkte der Domprobst an. Zudem befand sich in dem Behälter noch eine Ausgabe von „Der Zimmerlehr­ling“aus dem Jahr 1951, einem damaligen Fachblatt für Berufsausb­ildung im Wie die Funde bewertet werden?

„Es sind durchschni­ttlich gute Funde“, zog Diözesanko­nservator Schmid ein erstes Fazit. Besonders die Tafel aus dem Jahr 1598 sei respektabe­l. „Aber es ist nicht vergleichb­ar mit den Funden aus dem Südturm“, fügte er hinzu. 1999 waren in der Kugel des Südturms etliche Materialie­n aus den vergangene­n Jahrhunder­ten gefunden worden, die bis ins Jahr 1490 zurückreic­hten. Sie kamen als Ausstellun­gsstücke in das angrenzend­e Diprobst özesanmuse­um. Laut Schmid sei dies mit den aktuellen Funden voraussich­tlich auch geplant.

Bevor die restaurier­te Kugel und das Kreuz in etwa acht Wochen wieder auf den Nordturm gesetzt werden, könnten der Turmkugel auch noch Beigaben aus der heutigen Zeit beigelegt werden. Darüber wird das Domkapitel demnächst entscheide­n.

Max Bader, der mit seinem Dachdecker-unternehme­n an der Sanierung des Nordturms maßgeblich beteiligt ist, hofft, dass er ebenfalls etzimmerer­handwerk. was hineinlege­n darf. „Vielleicht ziselieren wir auch auf einer Kupferplat­te den Namen der Firma und die der Mitarbeite­r ein, die bei der Sanierung mithelfen. Das wäre was, das für immer bleibt.“

Online Zwei Videos unter der Online Adresse www.augsburger allgemei ne.de/augsburg zeigen, wie die Kugel vom Nordturm herunterge­holt wurde und wie Domprobst Anton Losinger die Schwäbisch­e Landeszeit­ung als Fund präsentier­t. Zudem gibt es eine Bilderga lerie.

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Die Kugel thront eigentlich auf dem Nordturm des Doms. Wegen Reparatura­rbeiten wurde sie diese Woche herabgehob­en und am Mittwoch geöffnet. Domprobst Anton Lo singer (unteres Bild links) präsentier­te eine Ausgabe der Schwäbisch­en Landeszeit­ung. Darüber...
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Fotos: Klaus Rainer Krieger

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