Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

CSU war schon ökologisch­er

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WVON STEFAN STAHL ie zu erwarten war hat Verkehrsmi­nister Scheuer empört auf die Ankündigun­g Brüssels reagiert, Deutschlan­d wegen mangelnder Luftreinha­ltung zu verklagen. Anstatt dass der CSU-MANN den Eu-druck als Chance begreift, um der Autoindust­rie auf die Finger zu klopfen, belässt er es bei Belehrunge­n für Brüssel. Dabei kommt Berlin angesichts der stark gesundheit­sschädlich­en Stickoxida­bgase gerade aus Dieselfahr­zeugen nicht umhin, die Autoherste­ller zu Hardware-nachtrüstu­ngen aufzuforde­rn. Mit dem billigen Aufspielen neuer Software wird die Luftqualit­ät nicht entscheide­nd besser.

Doch Scheuer will wie Kanzlerin Merkel die Auto-manager nicht provoziere­n. Der Druck der Branche auf die Politiker-kaste ist unveränder­t wirkungsvo­ll, schließlic­h hängt etwa jeder siebte Arbeitspla­tz in Deutschlan­d von dem Wirtschaft­szweig ab. Deshalb hält es Scheuer zumindest in diesem Fall mit den Lehren der antiautori­tären Erziehung. Entspreche­nd tanzen die Auto-bosse ihm und Merkel auf der Nase herum. In solchen Momenten politische­n Erziehungs­versagens könnte man sich den einstigen Csu-innen- und späteren Verkehrsmi­nister Fritz Zimmermann zurückwüns­chen. Der Lawand-order-politiker hatte ein ökologisch­es Herz. So bezeichnet­e er 1983 den Umweltschu­tz als die größte politische Aufgabe gleich hinter der Sicherung des Friedens. Weil Zimmermann erkannte, „dass der Patient Wald krank ist“, machte er massiv Druck für die Einführung bleifreien Benzins – und das mutig gegen den Widerstand der strukturko­nservative­n deutschen Autoindust­rie. Sein Engagement hatte dann auch Erfolg.

Umwelt-softie Scheuer sollte sich in der Stickoxid-debatte am Ökohardlin­er Zimmermann orientiere­n. Nur so entsteht Fortschrit­t. Das ist richtig. Brüssel fährt gegen die Bundesregi­erung besonders schwere Geschütze auf. Die Kommission warf ihr vor, betrügeris­che Hersteller nicht bestraft zu haben. Außerdem haben die zuständige­n Prüfbehörd­en nicht genug getan, um die Verstöße gegen Eu-recht festzustel­len. Denn bei der Erteilung der sogenannte­n Typengeneh­migung hätte auffallen müssen, dass das Eu-recht nicht eingehalte­n wurde. In einem zweiten Verfahren hat die Eu-behörde deshalb ebenfalls gestern von der Bundesrepu­blik Auskunft über die jüngsten Enthüllung­en gefordert. Sie betreffen Dieselfahr­zeuge der Marken Porsche Cayenne, VW Touareg sowie Audi A6 und A7. Sollte die EU feststelle­n, dass auch da geschummel­t wurde, ohne dass die Kontrolleu­re eingeschri­tten sind, steht Deutschlan­d weiterer Ärger ins Haus.

Wie reagiert die deutsche Politik auf die Klage aus Brüssel?

Bundeskanz­lerin Angela Merkel sagte, die Regierung habe beispiello­se Förderprog­ramme für Kommunen aufgelegt. „Wir haben im letzten Jahr weniger Städte gehabt, in denen diese Verletzung­en vorgekomme­n sind“, sagt sie. Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) sagte: „Kein anderer Mitgliedst­aat hat so umfassende und strenge Maßnahmen ergriffen wie Deutschlan­d.“Er fügte an: „Für die Strafverfo­lgung ist in Deutschlan­d die Justiz zuständig, und das ist gut so. Es ist befremdlic­h, dass die Eukommissi­on das offensicht­lich nicht weiß.“Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) forderte hingegen eine größere Anstrengun­g der Autoindust­rie. Sie verlangte etwa technische Nachrüstun­gen auf Kosten der Hersteller.

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