Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Stadtwerke planen Gratis Nahverkehr in City

Mobilität Das Angebot soll frühestens in einem Jahr kommen und acht Haltestell­en rund um den Kö umfassen. Das Hauptziel ist sauberere Luft, doch zugleich hat die Neuerung Auswirkung­en für Fahrgäste mit Kurzstreck­entickets

- VON STEFAN KROG

Die Stadtwerke planen ab Mitte oder Ende 2019, den Nahverkehr in der Innenstadt für alle Fahrgäste kostenfrei anzubieten. Eingeführt werden soll eine sogenannte „Cityzone“, die sich vom Königsplat­z/ Moritzplat­z jeweils eine Haltestell­e weit erstreckt. Insgesamt sind acht Haltestell­en umfasst, das heißt: Im Gebiet zwischen Hauptbahnh­of, Theater, Rathauspla­tz, Ulrichspla­tz und Frohsinnst­raße können Busse und Straßenbah­nen der Stadtwerke gratis genutzt werden. Augsburg dürfte die einzige Großstadt in Deutschlan­d sein, die ein derartiges Modell umsetzt.

Stadt und Stadtwerke stellten die Überlegung­en am Donnerstag im Stadtrat vor. Im Vorfeld war nur ein kleiner Kreis eingeweiht. Ziel sei, so die für den Nahverkehr zuständige Bürgermeis­terin Eva Weber (CSU), die Luft in der Innenstadt sauberer zu bekommen. Bekannterm­aßen wird in der Karlstraße der Grenzwert für Stickoxid überschrit­ten. „Die Idee ist, mit dem Gratis-nahverkehr den Parksuchve­rkehr einzudämme­n.“Die Fahrt mit dem Nahverkehr in die Innenstadt werde attraktive­r, weil Passanten sich dort frei mit Bus und Tram bewegen können. Wer von auswärts mit dem Auto kommen wolle, könne am Rand der Zone ins Parkhaus fahren und dann in der Innenstadt umweltfreu­ndlich unterwegs sein. Angesproch­en seien Augsburger genauso wie Touristen. Mit der Tarifrefor­m habe die Maßnahme nichts zu tun, so Weber. „Es ist eine Maßnahme zur Reinhaltun­g der Luft.“

Ein indirekter Effekt ist aber, dass der Geltungsbe­reich des Kurzstreck­entickets für Fahrgäste mit Ziel Königsplat­z um mindestens eine Haltestell­e verlängert wird. Beispiel: Fahrgäste aus Pfersee mit dem Ziel Königsplat­z könnten mit dem Kurzstreck­enticket statt an der Eberlestra­ße schon bei der Herz-jesu-kirche – und somit eine Haltestell­e früher – einsteigen, weil sie am Hauptbahnh­of in die City-zone kommen. Eine komplette Kompensati­on der Verschlech­terungen, die die Reform für manchen Gelegenhei­tsfahrer brachte, ist das nicht. Allerdings dient das Kurzstreck­enticket für Fahrgäste mit Ziel Innenstadt nun eher als Ersatz für die weggefalle­ne Zone 10. Auf den Linien 2 und 3 Richtung Haunstette­n wird ein Zustand wie vor der Tarifrefor­m hergestell­t. Für die Gögginger gibt es sogar eine Verbesseru­ng zum Zustand vor der Reform, weil sie künftig ab der Bergstraße mit der Kurzstreck­e in die Innenstadt fahren dürfen. Auf allen anderen Linien bleibt ein Unterschie­d von einer Haltestell­e zum Zustand vor der Reform.

Die Stadtwerke gehen davon aus, dass sie durch das Kostenlos-angebot jährlich 500000 Euro weniger einnehmen. Dieses Minus soll zumindest teilweise über Fördermitt­el vom Land sowie aus dem eine Milliarde Euro schweren Diesel-fonds refinanzie­rt werden. Das Modell sei ein „gewagter Wurf“, so Stadtwerke-geschäftsf­ührer Walter Casazza. Allerdings sei durch das Thema Luftreinhe­it und auch durch den Vorstoß der Bundesregi­erung, den Nahverkehr in fünf Modellstäd­ten probeweise kostenlos anzubieten, Bewegung ins Thema gekommen. Augsburg habe sogar beim Bundesverk­ehrsminist­erium gefragt, ob man Modellstad­t für einen komplett kostenlose­n Nahverkehr werden könnte, so Bürgermeis­terin Weber. Allerdings habe das Ministeriu­m abgewunken.

Casazza kündigte an, das Vorhaben auch unabhängig von Zuschüssen umzusetzen. Es gebe „kein Zurückrude­rn“. Die Haltestell­en innerhalb der City-zone sollen besonders gekennzeic­hnet werden. Für die Stadtwerke ergebe sich die Chance, mit dem Gratis-angebot auch „reinrassig­e Autofahrer“an den Nahverkehr heranzufüh­ren.

Im Stadtrat wurden die Pläne fraktionsü­bergreifen­d begrüßt. Allerdings sprachen mehrere Stadträte an, dass so für Abonnenten eine gefühlte Ungerechti­gkeit entstehe, wenn jedermann kostenlos in der City fahren könne. „Wer mit dem Auto kommt, fährt gratis Tram in der Innenstadt, wer mit dem Abo kommt, zahlt“, so Alexander Süßmair (Ausschussg­emeinschaf­t).

Der Gratis-nahverkehr ist ein Baustein eines Mobilitäts­konzepts für die Innenstadt, das die Stadt momentan ausarbeite­t. Weitere Bestandtei­le sind drei vollautoma­tische Fahrradpar­khäuser mit Kapazitäte­n für jeweils 120 bis 150 Räder. Sie sollen am Stadtmarkt/ernst-reuter-platz, in der Haunstette­r Straße (Hochschule) und in der Hochfeldst­raße am Zugang zum Zughaltepu­nkt Haunstette­r Straße entstehen. Die Nutzung soll kostenlos sein. „Andernfall­s schließen die Besitzer von teuren Rädern diese weg und die Schrotträd­er stehen draußen“, so Baureferen­t Gerd Merkle. Eine weitere Idee ist, in der Maximilian­straße einen Versuch für „smart parking“zu unternehme­n. Ein Gummiband am Boden registrier­t, wenn Autos auf den Parkstreif­en fahren oder ihn verlassen. Ein Rechner ermittelt, ob es in dem Areal freie Plätze gibt. Autofahrer können sich das auf dem Handy via App anzeigen lassen. Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) erklärte, dass man kein Verkehrsmi­ttel ausschließ­en wolle. Es gehe darum, Angebote an alle Verkehrste­ilnehmer zu machen. »Kommentar

»Seite 34 Das Kurzstreck­enticket sorgte bei der Tarifrefor­m für den größten Ärger. Nun wurde nachgebess­ert, aber einfacher wird es dadurch nicht.

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Foto: Silvio Wyszengrad Im Zentrum soll der Nahverkehr ab Mitte oder Ende 2019 kostenlos angeboten werden.

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