Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Ein Angebot, das nicht allen Kunden hilft
Mit der Idee, den Nahverkehr in der Innenstadt kostenlos zu machen, wird Augsburg in Deutschland ein Vorreiter sein. Die bisherigen Versuche, ÖPNV gratis anzubieten, liefen in Deutschland in Kleinstädten, in denen die öffentliche Hand ohnehin viel subventionierte, die Gratis-freigabe also nicht mehr viel Unterschied machte. Aktuell macht Tübingen mit seinen 90 000 Einwohnern Anstalten, das Gratis-öpnv auszuprobieren. Augsburg ist in Deutschland aber die erste Großstadt, die sich an ein solches Modell heranwagt – auch wenn es nur auf die Innenstadt beschränkt ist. Es ist ein Angebot für alle Bürger, das die City für Besucher attraktiver macht. Man kann eigentlich nicht dagegen sein.
Hinterfragen darf man das Modell dennoch. Wie hoch der Umweltnutzen, den die Stadt als das entscheidende Argument anführt, am Ende sein wird, ist ungewiss. Für Autofahrer ist ein Gratis-nahverkehr in der Innenstadt wohl kein schlagendes Argument, um das Verkehrsmittel zu wechseln. Und es gibt wenig Fahrgäste, die innerhalb des Stadtzentrums sowohl
Man darf das Modell durchaus hinterfragen
Start- als auch Zielhaltestelle haben. Wenn das Angebot zusätzliche Fahrgäste anzieht, dann sind es allenfalls Menschen, die sonst gelaufen wären – die umweltfreundlichste Art der Fortbewegung.
Auch wenn die Stadtspitze etwas anderes erklärt, hat diese Idee natürlich etwas mit einer Nachbesserung der Tarifreform zu tun. Die Verbesserungen für einen Teil der Gelegenheitsfahrgäste durch das Innenstadt-gratismodell sind klar ersichtlich. Die Kurzstrecke wird in vielen Fällen um mindestens eine Haltestelle verlängert – auf diese Weise nähert man sich dem Zustand aus der Zeit vor der Tarifreform zum Teil wieder an. Indem das Thema mit der Luftreinhaltung zusammengebracht wird, eröffnen sich aber neue Förderwege.
Freilich wird das Angebot nicht allen Fahrgästen helfen. Zum einen wird es dauern, bis die City-zone in Kraft tritt. So lange fährt der Ärger bei einem Teil der Gelegenheitsfahrgäste mit – so sie nicht schon aufs Auto umgestiegen sind. Und dann ist da noch die Stadtteilregelung mit der Kurzstrecke, mit der Härten gemildert werden sollen. Aus einigen Stadtteilen ohne eigene Nahversorgung wird nun die Fahrt zum Nachbarstadtteil mit Supermarkt zum Kurzstreckentarif ermöglicht. Diese Ausnahmen machen – auch wenn sie für die Bevölkerung vor Ort eine Verbesserung sind – das ganze Konstrukt unübersichtlicher (gleiches gilt im Übrigen für die City-zone). Und aus anderen Stadtteilen wird die Frage nach der Gerechtigkeit gestellt werden.
Die Änderungen sind ein Kompromiss mit dem Ziel, die Tarifreform nicht zu teuer zu machen. Beworben wurde sie als „einfacher, übersichtlicher und gerechter“. Durch die Nachbesserungen ist man zumindest bei den ersten zwei Punkten nicht weitergekommen.