Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Im Paradies fängt alles an
Premiere Der Regisseur Malte Kreutzfeldt inszeniert in Augsburg Shakespeares große Beziehungskomödie „Viel Lärm um nichts“. Mit den Proben ist er zufrieden
Tiefenentspannt? Kann ein Regisseur kurz vor einer Premiere einen solchen Zustand tatsächlich erreichen? Wahrscheinlich nicht. Aber Malte Kreutzfeldt hat an diesem Feiertags-donnerstag alle Zeit der Welt. Die zweite Hauptprobe lief sehr gut, er hat das Gefühl, dass seine Inszenierung von „Viel Lärm um nichts“läuft. „Sonst würde ich ganz anders hier sitzen“, sagt er.
Wer Kreutzfeldt sieht, denkt sich, es mit einem Nachwuchsregisseur zu tun zu haben, so jung und jugendlich schaut er aus. Tatsächlich kann er im nächsten Jahr seinen 50. Geburtstag feiern. Das Reiseleben, die ständige Wanderschaft, auf der Kreutzfeldt sich seit 25 Jahren befindet, haben rein äußerlich keine Spuren hinterlassen. Und dann erzählt er, dass sich in ihm das Bewusstsein der Endlichkeit allen Lebens immer stärker einstelle.
Deutlich werde ihm das bei dieser Shakespeare-inszenierung. Vor zehn Jahren brachte er diese Beziehungskomödie bereits schon einmal auf die Bühne. Als Kreutzfeldt in Augsburg zusagte, dachte er, dass er auf die Vorarbeiten bauen könne. „Aber mein Blick auf das Leben hat sich geändert“, sagt er. Und damit einhergehend auch der Blick auf das Stück. Für Augsburg entstand nun eine andere Fassung, in der Kreutzfeldt zum Beispiel der Idee der „Fake News“folgte, den Gerüchten, mit denen die Paare in dem Stück erst einmal auseinander getrieben werden.
In Augsburg trifft Kreutzfeldt zum Teil auf Schauspieler, mit denen er schon öfter zusammengearbeitet hat – etwa Karoline Stegemann, Gerald Fiedler und Patrick Rupar. Solche Wiederbegegnungen seien wichtig, auch, weil die Theaterkunst ansonsten so flüchtig sei, die Produktionen mit der letzten Vorstellung verschwinden, sich die Ensembles ständig wandeln. Dem Flüchtigen setzt Kreutzfeldt seine Art zu proben entgegen. „Wenn ich das zweite Mal mit den gleichen Schauspielern zusammenarbeite, fangen wir nicht bei null an“, sagt er. Von den Proben soll etwas bleiben.
So exakt Kreutzfeldt beschreiben kann, was im idealen Probenprozess geschieht, auf welcher Ebene dort gearbeitet werden muss – nicht öffentlich, aber auch nicht privat –, so genau durchleuchtet er Shakespeares Stück: Ein Beginn, wie er besser nicht sein könnte – der Hochzeitstermin von Claudio und Hero steht, die rasante Talfahrt im Anschluss aufgrund der Intrige von Don John, völlig zerrüttete Verhältnisse plötzlich und wieder die Wendung zum Guten. Und dann handelt es sich um eine Komödie – „aber keine Boulevard-komödie“, betont Kreutzfeldt, sondern eine mit tragischem Kern.
In einem Paradies samt Apfelbaum lässt Kreutzfeldt seine Augsburger Inszenierung beginnen, für die er übrigens auch das Bühnenbild gleich miterstellt hat sowie die Musik und das Sounddesign. Denn beinahe wäre Kreutzfeldt Musiker geworden
Rund um die Premiere
Premiere von William Shake speares „Viel Lärm um nichts“am Samstag, 2. Juni, um 19.30 Uhr im Martinipark Spielzeit 2.15 h mit einer Pause Regie/bühne Malte Kreutzfeldt Kostüme Christine Hielscher Dramaturgie Sabeth Braun Darsteller Gerald Fiedler (Leona to), Karoline Stegemann (Hero), Katja Sieder (Beatrice), Patrick Rupar (Don Pedro), Sebastian Baumgart (Don John), Daniel Schmidt (Clau dio), Andrej Kaminsky (Benedikt), Kai Windhövel (Konrad), Natalie Hü nig (Margarethe), Ute Fiedler (Seacoal), Roman Pertl (Dogberry) – und nicht Regisseur. Mit der Titelmusik von „Mission Impossible“wird der Abend beginnen, so viel verrät Kreutzfeldt schon. Solche Zitate der Populärkultur finden sich auch an anderen Stellen im Stück wieder. Bild: Diana Rödig, 10, Landkreis Augsburg
Kreutzfeldt schaut auf seine Uhr. „Oh.“Die nächste Probe steht an. Mit drei Handgriffen hat der Regisseur sein Klapprad startklar gemacht. Jeder Handgriff sitzt, beigebracht in 25 Berufsjahren immer auf der Reise quer durch Deutschland.