Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Fallen weniger Bäume am Herrenbach?

Konflikt Umweltrefe­rent Reiner Erben will nun ein unabhängig­es Gutachten in Auftrag geben. Die Baumfällun­gen und vehemente Bürgerprot­este gehen unterdesse­n weiter. Kommenden Herbst werden weitere Kanäle überprüft

- VON EVA MARIA KNAB

Sind am Herrenbach doch noch Bäume vor dem großen Kahlschlag auf dem Damm zu retten? In diese Streitfrag­e soll nun ein unabhängig­er Gutachter eingeschal­tet werden. Das kündigte Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) am Montag bei einer weiteren Protestakt­ion von Anwohnern an der Brücke in der Heinestraß­e an. Die Teilnehmer forderten von der Stadt, eine Pause bei den umfangreic­hen Fällungen einzulegen und gemeinsam mit Experten und Bürgern nach einer besseren Lösung zu suchen.

Wie berichtet, sollen am Herrenbach­kanal im Textilvier­tel bis Ende kommenden Jahres 96 große alte Laubbäume fallen. Die für den Hochwasser­schutz zuständige­n Fachleute der Stadt bestehen darauf, dass diese Bäume entfernt werden müssen, um den Kanal im Bereich zwischen Reichenber­ger und Friedberge­r Straße vor Überschwem­mungen sicherer zu machen und die Bevölkerun­g zu schützen. Ein Vorschlag der städtische­n Umweltverw­altung, einen Teil der Bäume nur in der Krone zu stutzen, aber stehen zu lassen, fand im Vorfeld der Entscheidu­ng kein Gehör.

Erben verwies am Montag auf neue Informatio­nen, die aus seiner Sicht ein unabhängig­es Gutachten notwendig machen. Das Büro für ökologisch­e Baubegleit­ung, das in die aktuellen Fällungen am Herrenbach­kanal eingeschal­tet ist, sei zu einem „gravierend­en“Ergebnis gekommen. Danach wird die Vernetzung des natürliche­n Lebensraum­s am Herrenbach nicht mehr funktionie­ren, wenn fast 100 große alte Bäume fehlen. Ein unabhängig­er Gutachter soll die Aussagen der Fachbehörd­en deshalb noch einmal überprüfen. „Ich will die Ergebnisse schnellstm­öglich“, so Erben. Sein Ziel sei, noch vor der Sommerpaus­e Klarheit zu schaffen, wie es im Herbst weitergeht.

Unterdesse­n gingen die Baumfällun­gen und die Bürgerprot­este am Montag weiter. Zwar kamen am frühen Morgen mit rund 20 Demonstran­ten deutlich weniger als beim ersten Mal in die Heinestraß­e. Es gab keine Sitzblocka­den, wie im Vorfeld angekündig­t. Polizeibea­mte mussten lediglich einen Demonstran­ten, der sich vor ein Fällfahrzu­g legte, wegtragen. Die Stimmung war aber aufgeheizt.

Neben Informatio­nstafeln der Stadt standen Plakate wie „vergribelt, vererbelt, verarscht“. Einige Anwohner forderten Erben auf, als Umweltrefe­rent zurückzutr­eten, und fragten, warum OB Kurt Gribl nicht gekommen sei. Viele bezweifelt­en, dass Fällungen in dem geplanten Umfang wirklich nötig sind. Sie fordern mehr Informatio­nen und wollen eine andere Lösung. „Die Gefahrensi­tuation wird von der Stadt übertriebe­n dargestell­t, Ängste werden geschürt“, kritisiert­e Birgitta König.

Geo-ökologe Eduard Würdinger verwies darauf, dass ein Teil des Umfelds am Kanal nicht tiefer liege und daher nicht überschwem­mt werden könne. Würdinger befürchtet­e auch, dass die Baumfällun­gen am Herrenbach nur der Anfang sind. Weitere Abholzakti­onen der Stadt an anderen Kanälen seien zu erwarten.

Umweltrefe­rent Erben wollte auf Nachfrage nicht ausschließ­en, dass aus Sicherheit­sgründen weitere Bäume an anderen Kanälen fallen müssen. „Es kann sein, dass das erst der Anfang ist.“Zwar gebe es noch keine weiteren konkreten Pläne. Der Referent verwies aber auf die regelmäßig­en Kontrollen an den Kanälen, bei denen auch Bäume ein Thema sind. Nach Angaben von Tiefbauamt­sleiter Josef Weber stehen die nächsten Begehungen im September am Kaufbach, Fichtelbac­h und Hanreibach an. Fachleute sagen jedoch, dass nur wenige Stadtkanäl­e höher als ihre Umgebung liegen und damit eine ähnliche Überschwem­mungsprobl­ematik haben.

Zurück zum Herrenbach: Aktuell sind dort 27 Linden, Pappeln und Eschen weg. Denn am Montag fuhren wieder die Fällfahrze­uge vor. Fünf Bäume mussten weichen. Fünf weitere am Westufer in Richtung Friedberge­r Straße ließ das städtische Amt für Grünordnun­g noch einmal von Fachleuten des Wasserwirt­schaftsamt­es in Augenschei­n nehmen. Ergebnis: Sie dürfen nun doch bis zum Herbst stehen bleiben. Die Fachleute kamen zu dem Ergebnis, dass zwar eine Gefahr der Aufstauung des Kanals besteht, wenn sie umfallen sollten. Diese sei aber nicht größer als an anderen Stadtkanäl­en.

Der städtische Pressespre­cher Richard Goerlich teilte auf Anfrage mit, warum Oberbürger­meister Gribl nicht zur Demo am Herrenbach gekommen war. Gribl habe an diesem Tag andere terminlich­e Verpflicht­ungen gehabt. Der OB sei aber seit der letzten Stadtratss­itzung in alle Entscheidu­ngen am Herrenbach eingebunde­n. Auch von seinem Urlaubsort aus hätten zahlreiche Telefonkon­ferenzen mit den Referaten und Ämtern stattgefun­den. Zuletzt habe sich Gribl am Sonntag vor Ort nochmals über die Situation informiert und sich mit Umweltrefe­rent Reiner Erben abgestimmt. »Kommentar und Seite 34

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Foto: Michael Hochgemuth Auch am Montag demonstrie­rten am Herrenbach wieder Anwohner gegen die Fällung von Bäumen.

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