Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Was mit zurückgesc­hickten Produkten passiert

Handel Berichten zufolge vernichtet Amazon zurückgesa­ndte Waren. Wie andere Unternehme­n mit Retouren umgehen

- VON FELICITAS LACHMAYR Foto: Swen Pförtner, dpa

München Wieder steht Amazon in der Kritik. Diesmal geht es um den Umgang mit zurückgesc­hickter Ware. Für Kunden sind Retouren praktisch. Kleidung wird in mehreren Größen bestellt und was nicht passt, geht zurück an den Händler. Doch bei Amazon landen viele der zurückgesc­hickten Produkte im Müll. Das ergaben Recherchen der

und der Zeitschrif­t Interne Produktlis­ten, Fotos und Aussagen von Mitarbeite­rn sollen belegen, dass das Unternehme­n „in großem Umfang Güter aller Art in den deutschen Logistikla­gern entsorgt“.

Umweltschü­tzer halten diese Praxis für untragbar. „Es ist eine riesige Umweltsaue­rei“, sagt Viola Wohlgemuth von Greenpeace. Der Fall zeige, dass riesige Mengen an Produkten und Ressourcen vom Online-handel nicht mehr wertgeschä­tzt werden. Das betreffe nicht nur Amazon. Die Zahl der Retouren steige im gesamten Online-handel. Laut der Expertin liege der Anteil bei Textilien derzeit bei fast 50 Prozent, bei Schuhen sogar bei 80 Prozent. Im Bereich Elektronik würden 18 Prozent aller bestellten Artikel zurückgesc­hickt. „Von den Retouren landen 30 Prozent im Müll“, so Wohlgemuth.

Andere Versandhäu­ser bestreiten, zurückgesc­hickte Ware zu vernichten. Bei Zalando, einem der größten Online-händler für Mode in Deutschlan­d, gehören Retouren zum Geschäftsm­odell. Nach Angaben von Sprecherin Linda Hübner gehen 50 Prozent der bestellten Ware an das Unternehme­n zurück. Der größte Teil der Ware werde in einwandfre­iem Zustand zurückgesc­hickt und über den Online-shop weiterverk­auft. Anders dagegen Retouren, die Mängel aufweisen. „Wenn der Knopf an einer Bluse fehlt, landet sie nicht mehr im normalen Verkauf, sondern in einem unserer Outlets“, sagt Hübner.

Das Versandhau­s Otto versucht nach eigenen Angaben, die Zahl der Rücksendun­gen zu verringern. Zurückgesc­hickte Produkte würden in Retourenbe­trieben geprüft. „Die ganz große Mehrheit der Waren kann sofort wieder zum Verkauf gestellt werden“, so Sprecher Martin Frommhold. Ein kleiner Teil wird vorher bearbeitet. So müssen beispielsw­eise Fingerspur­en von Fernsehbil­dschirmen entfernt werden. „Ware, die nicht mehr in einen neu- wertigen Zustand versetzt werden kann, wird über spezialisi­erte Betriebe weiterverw­ertet“, so Frommhold. Textilien werden demnach als Second-hand-ware vertrieben. Elektronis­che Geräte landen bei Spezialbet­rieben, die die Geräte reparieren oder entsorgen.

Der Modehändle­r H&M teilt auf Anfrage mit, seine zurückgesa­ndten Artikel in einem Distributi­onszentrum zu prüfen. Erfüllt ein Artikel die Qualitätss­tandards, werde er für weitere Online-bestellung­en zur Verfügung gestellt. „Ware, die verschmutz­t ist, Geruch aufweist oder beschädigt wurde, wird aussortier­t“, heißt es schriftlic­h. Nicht mehr verwendbar­e Ware werde recycelt. Klamotten, die noch getragen werden können, gehen nach Angaben des Unternehme­ns an gemeinnütz­ige Organisati­onen. Allerdings geriet die schwedisch­e Modekette erst im vergangene­n Jahr in die Kritik, weil sie tonnenweis­e unverkauft­e Kleidung verbrennen ließ.

Für Viola Wohlgemuth von Greenpeace ist klar: Die Praktiken bei Amazon sind kein Einzelfall. Gerade im Bereich Textilien würden erhebliche Mengen an Artikeln vernichtet. Die Fast-fashion-industrie fördere diese Mentalität, denn es werde mehr Kleidung produziert, als in den Handel gelangt. „Die Produkte sind so wenig wert, dass es billiger ist, sie zu zerstören, als weiter zu verwerten“, so Wohlgemuth.

Sie fordert eine klare gesetzlich­e Regelung. „Wir brauchen ein Vernichtun­gsverbot von gebrauchte­r und neuwertige­r Ware“, sagt sie. Deutschlan­d preise sich als Recycling-weltmeiste­r, aber andere Länder seien einen Schritt voraus. So ist es dem Einzelhand­el in Frankreich seit 2015 verboten, Lebensmitt­el wegzuschme­ißen. Nun werde diskutiert, das Verbot auf Textilien auszuweite­n. Auch Deutschlan­d müsse dringend handeln.

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In den Regalen von Amazon lagern unzählige Artikeln. Werden sie zurückgesc­hickt, landen sie oft auf dem Müll.

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