Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Jetzt hat auch Daimler sein Diesel Desaster

Vorwürfe Der Autobauer steckt mittendrin im Skandal und muss hunderttau­sende Fahrzeuge zurückrufe­n. Hat Konzern-chef Zetsche gelogen?

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Stuttgart Lange hatte es so ausgesehen, als käme Daimler mit halbwegs weißer Weste davon – jetzt hat auch der Stuttgarte­r Autobauer sein Diesel-desaster. Wegen des Vorwurfs einer unzulässig­en Abgastechn­ik muss der Konzern europaweit 774 000 Fahrzeuge zurückrufe­n, darunter allein 238 000 in Deutschlan­d. Am Montagaben­d ließ Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer die Bombe platzen: Das Kraftfahrt-bundesamt werde den Rückruf unverzügli­ch anordnen, sagte der Csu-politiker. Zuvor hatte er sich mit Daimler-chef Dieter Zetsche in Berlin getroffen. Der Autobauer will den Rückruf zwar um- setzen, kündigte aber zugleich einen Widerspruc­h dagegen an, um die rechtliche­n Fragen zu klären.

Für Daimler wird es jetzt richtig ernst, denn der Manipulati­onsverdach­t dehnt sich inzwischen auch auf häufig verkaufte Modelle von Mercedes aus. Betroffen sind laut Ministeriu­m der sportliche Geländewag­en GLC 220d und ein Modell der C-klasse (C 220d). Bis auf wenige Ausnahmen sind die Autos nach Konzernang­aben in den drei Millionen Diesel enthalten, für die Daimler ohnehin schon ein freiwillig­es Update der Motor-software angekündig­t hatte. Zuvor hatte das Kraftfahrt-bundesamt schon für den Mercedes-kleintrans­porter Vito 1,6 Liter mit der neuen Norm Euro 6 eine unzulässig­e Abschaltei­nrichtung der Abgasreini­gung festgestel­lt und einen Rückruf angeordnet – betroffen waren weltweit allerdings „nur“4900 Fahrzeuge, darunter gut 1370 in Deutschlan­d. Daimler hatte auch diesem Vorwurf widersproc­hen.

Zetsche sagte beim Verlassen des Ministeriu­ms, man werde sich „unverzügli­ch“um die Software der betroffene­n Fahrzeuge kümmern. Nach Scheuers Worten hat Daimler erklärt, „dass mit maximalem Abarbeitun­gstempo und in kooperativ­er Transparen­z mit den Behörden die vom Bund beanstande­ten Applikatio­nen in der Motorsteue­rung beseitigt werden“. Scheuer hatte Zetsche bereits vor zwei Wochen zu einem ersten Gespräch geladen, um mehr Informatio­nen zu bekommen.

Unter den Daimler-beschäftig­ten sorgen die Vorwürfe laut Betriebsra­t für Unruhe. „Ihre größte Sorge ist, dass rund um das Thema Abgas noch viel mehr auf den Tisch kommen könnte als bisher bekannt“, sagte der Betriebsra­tsvorsitze­nde des Motorenwer­ks in Untertürkh­eim, Wolfgang Nieke. Zetsche habe anfangs gesagt, dass bei Daimler nicht betrogen werde – darauf hätte man sich verlassen.

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Foto: Kay Nietfeld, dpa In Erklärungs­not: Daimler Chef Dieter Zetsche nach seinem Gespräch bei Verkehrs minister Andreas Scheuer.

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