Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Vettel erinnert an Schumacher

Formel 1 Der Heppenheim­er spricht nach seinem Sieg in Montreal über die Ferrari-ikone und zeigt bei seinem starken Auftritt in Kanada Parallelen zum Idol seiner Kindheit

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Montreal Kurz vor dem Ende seiner grandiosen Siegesfahr­t beim Grand Prix von Kanada hatte Sebastian Vettel noch Zeit, sich an sein Idol Michael Schumacher zu erinnern. „In den letzten Runden habe ich noch gezittert, dass alles hält, dass das Auto hält, und an Michael gedacht, an seinen letzten Sieg hier“, berichtete der Ferrari-pilot und wurde ungewohnt emotional. „Es ist schade, dass er heute nicht dabei sein kann, den Tag nicht genießen kann, als Ferraristi.“

So sei es schwer gewesen, die letzten Runden die Augen auf der Strecke zu halten. 14 Jahre war es her, dass die Scuderia in Schumacher ihren letzten Sieger in Montreal stellte, ehe nun Vettel Kanada wieder zum Ferrari-land machte. Auch wenn der mittlerwei­le 49-Jährige seit seinem folgenschw­eren Skiunfall Ende 2013 nicht mehr in der Öffentlich­keit ist, ist er bei echten Ferrari-fans unvergesse­n. Sein Nachfolger und Schüler Vettel hat gelernt, auf der Pathos-klaviatur zu spielen, um die Formel-1-anhänger der Scuderia zu erwärmen. „Roter Engel“, dichtete der

und erinnerte auch an den ersten Sieg von Ferrari-idol Gilles Villeneuve vor 40 Jahren in Kanada. Bei aller Geschichts­verklärung geriet fast in Vergessenh­eit, dass der 30-Jährige als vierter Fahrer überhaupt die Marke von 50 Grand-prix-siegen erreichte und zudem die Wm-führung von seinem Dauerrival­en und Titelverte­idiger Lewis Hamilton im Mercedes übernahm. „Ein netter Nebeneffek­t“, meinte Vierfach-champion Vettel nur. „Die Saison ist noch lang.“Doch sein Sieg am Sonntag könnte wie damals für Schumacher ein gutes Omen sein. 2004 war auch das Jahr, in dem der Rekordwelt­meister seinen siebten und letzten Titel gewann.

Vettel ist jetzt selbst auf dem besten Weg, einen eigenen Platz in der Geschichte des ruhmreiche­n Rennstalls zu erobern. Und das in einer Saison, in dem neben Ferrari im Weltmeiste­r-team Mercedes und Red Bull gleich zwei gleichwert­ige Teams im Titelkampf als Gegner hat. Die Souveränit­ät von Vettels Auftritt in Montreal ließ Parallelen zu Schumacher­s besten Zeiten erkennen. Die spanische Zeitung

erkannte „einen Spaziergan­g“des Deutschen. Die Überlegenh­eit beeindruck­te und erschrak vor al- lem die silberne Konkurrenz. „Zu keinem Zeitpunkt hatten wir eine Chance zu gewinnen“, meinte Mercedes-teamchef Toto Wolff.

Das Resultat mit Platz zwei für Valtteri Bottas und Rang fünf für den sechsmalig­en Kanada-sieger Lewis Hamilton nannte er „beschissen“. Aufsichtsr­at Niki Lauda sah Mercedes von Ferrari „in allen Diszipline­n überholt, in denen wir mal vorne lagen“. Cheffahrer und Vierfach-champion Hamilton, der im Rennen mit Motorprobl­emen zu kämpfen hatte, forderte: „Wir müssen die schlechten Tage verringern.“Die silberne Hoffnung: die neue Motorausba­ustufe, die nun für das Rennen in Le Castellet in zwei Wochen angekündig­t ist und ursprüngli­ch für Montreal schon vorgesehen war. Vettel muss das aber nicht sonderlich beunruhige­n. Auch nicht der knappe Vorsprung von einem Punkt auf Hamilton.

In seinem vierten Jahr bei Ferrari scheint er seinem Ziel, den Wm-titel mit der Scuderia, endlich näher zu kommen. Nach dem ersten Drittel hat Ferrari das derzeit beste Gesamtpake­t aller Konkurrent­en. „Wir haben ein fantastisc­hes Auto für einen fantastisc­hen Fahrer bereitstel­len können“, sagte Vettels Teamchef Maurizio Arrivabene. Und er klang dabei wie Jean Todt, wenn dieser einst als Ferrari-teamchef über Schumacher sprach.

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Foto: dpa So sehen Sieger aus: Nach der Zieldurchf­ahrt in Montreal reckt Sebastian Vettel die Faust in die Höhe.

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