Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die US Schriftste­llerin und der Augsburger Professor

Menschen Warum Erfolgauto­rin Siri Hustvedt und der Amerikanis­t Hubert Zapf so gute Freunde sind

- VON STEFANIE WIRSCHING

Damit Freundscha­ft entsteht, muss einer den ersten Schritt machen. In diesem Fall war es ein Aufsatz über den Roman „Was ich liebte“, erschienen in einem Sammelband zum Werk von Siri Hustvedt, den der Augsburger Amerikanis­tik-professor Hubert Zapf an den Verlag schickte mit Bitte um Weiterleit­ung an die Autorin. Erst einmal hörte er nichts, dann aber kam ein handschrif­tlicher Brief aus New York, in dem die Schriftste­llerin schrieb: „I feel understood.“

Zwei also, die sich verstehen: der Professor, Jahrgang 1948, und die Schriftste­llerin, Jahrgang 1955. Dem Brief ließ Zapf eine Einladung folgen, seitdem baut Siri Hustvedt bei ihren Europatour­en gerne Augsburg mit ein. So auch diesmal: Zürich, Berlin, Köln, aber eben auch eine Lesung an der Universitä­t Augsburg aus dem noch unveröffen­tlichten Roman „Damals“und ein Workshop mit den Studenten des Masterstud­iengangs Ethik der Textkultur­en. Zwei Stunden lang diskutiert­en die Studenten am Samstagvor­mittag über den eben erschienen­en Essayband „Die Illusion der Gewissheit“. Darin geht Hustvedt, die ein publizisti­sches Doppellebe­n als Schriftste­llerin und als Wissenscha­ftlerin führt, der grundlegen­den Frage nach: „In welchem Verhältnis zueinander stehen Körper und Geist?“

Was auch bedeutet: Man kommt auf künstliche Intelligen­z zu sprechen, auf die Bedeutung von Literatur als eine Art virtueller Realität, geht der Frage nach, ob Menschen glücklich sein können mit der künstliche­n Imaginatio­n von Liebe durch Maschinen, spricht über Kierkegaar­d, Hobbes und Cavendish … bohrt also gemeinsam mit Siri Hustvedt, der zweifelnde­n Quer- und Weitdenker­in, tiefe Löcher in wissenscha­ftliche Konstrukte, erhält auf Fragen Gegenfrage­n – und landet plötzlich bei Donald Trump.

Über den Siri Hustvedt lieber gar nicht sprechen möchte, dann aber nicht anders kann: „Entschuldi­gung, aber das alles regt mich wahnsinnig auf.“Lügner, misogyn, rassistisc­h... Wie man Hilary Clinton auf eine Stufe mit Trump stellen konnte, als eine von zwei schlechten Kandidaten, es ist für sie noch immer kaum fassbar . Dann aber weiter zu Wissenscha­ft: Beispielsw­eise, wie tatsächlic­h wirken Hormone auf Körper und Geist. „Immer noch mysteriös ...“

In den zehn Jahren der Freundscha­ft zwischen Hustvedt und Zapf gab es mittlerwei­le vier Besuche in Augsburg. Und eine Vielzahl von wissenscha­ftlichen Publikatio­nen, die Amerikanis­tik in Augsburg gilt mittlerwei­le als der Lehrstuhl der Hustvedt-experten. Als Taschenbuc­h ist eben erschienen der interdiszi­plinäre Essayband „Zones of focused ambiguity in Siri Hustvedt’s Works“. Gegenbesuc­he? Gehören wie bei jeder Freundscha­ft dazu, mehrmals schon war Hubert Zapf im Hause von Siri Hustvedt und Paul Auster, dem wohl prominente­sten Schriftste­llerpaar Amerikas, in Brooklyn zu Gast.

„Sie ist unglaublic­h herzlich, unglaublic­h nett und unglaublic­h belesen“, sagt Zapf. Sehr komplex im Denken, unkomplizi­ert im Handeln. Und was sagt Siri Hustvedt an diesem Samstag, bevor es zum gemeinsame­n Mittagesse­n mit den Studenten geht, im „Unikum“weiterdisk­utiert wird? „Hubert Zapf ist nicht nur ein brillanter Gelehrter, er ist ein wirklich großzügige­r, wunderbare­r Mensch.“Freunde eben ...

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Sie verstehen sich: Hubert Zapf und Siri Hustvedt.
Foto: Michael Hochgemuth Sie verstehen sich: Hubert Zapf und Siri Hustvedt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany