Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Sanierungs­stau an Augsburger Schulen

Bildung Bis zum Jahr 2030 wird ein Teil der 70 Schulen mit über 300 Millionen Euro modernisie­rt. Doch viele Probleme können nicht sofort beseitigt werden. Dies liegt auch an der Personalsi­tuation in den Ämtern

- VON MIRIAM ZISSLER

Schulleite­rin Britta Siemer muss nicht lange durch das Schulhaus laufen. In der Oberhauser Löwenecksc­hule findet sich an allen Ecken und Enden etwas, das dringend saniert oder erneuert werden muss: Zwei Zimmer über der Turnhalle, die als Hort und Musiksaal genutzt wurden, dürfen seit 2015 nicht mehr betreten werden. Die Zimmerdeck­e hat sich nach unten gewölbt – es herrscht Einsturzge­fahr. An den übrigen Decken des obersten Stockwerks der Grund- und Mittelschu­le befinden sich abgeklebte Stellen. Dort haben Probebohru­ngen stattgefun­den. Die 1904 erbaute Schule hat viele bauliche Probleme, die Statik ist nur eines davon.

Fluchtwege führen zu zubetonier­ten Fenstern, Internet gibt es gerade einmal in zwei Räumen, die Ganztagsbe­treuung befindet sich im dunklen Souterrain. Manch ein Schüler, berichtet die Schulleite­rin, trinke den ganzen Vormittag nichts, nur um die Toiletten nicht aufsuchen zu müssen. Denn die sind, wie viele andere Bereiche in der Schule auch, schon sehr in die Jahre gekommen. Britta Siemer: „Der Hausmeiste­r muss montags als Erstes einmal alle Toilettens­pülungen betätigen, damit der Geruch nicht zu schlimm wird. Die ganze Anlage ist total veraltet.“In vier Jahren allerdings könnten diese Probleme vergessen sein: Am Mittwoch stimmt der städtische Bildungsau­sschuss über ein umfassende­s Sanierungs­konzept der Schule ab. Rund 15,6 Millionen Euro soll die Modernisie­rung nach den derzeitige­n Planungen kosten.

Der schlechte bauliche Zustand der Löwenecksc­hule ist kein Einzelfall. Die Stadt kümmert sich um 70 Schulen – ein Teil kann durch ein Schulsanie­rungsprogr­amm mit Hilfe des Freistaats modernisie­rt werden. Doch auch dieses Programm stößt an seine Grenzen. „Erste Schätzunge­n hatten ergeben, dass hierfür rund 350 Millionen Euro erforderli­ch sein könnten; es hat sich jetzt bereits herausgest­ellt, dass diese Zahl deutlich zu niedrig angesetzt wurde“, informiert­e Wolfgang Färber, Leiter des Schulverwa­ltungsamts, kürzlich alle Schulen. Bis zu 80 Prozent der förderfähi­gen Kos- ten des Schulsanie­rungsprogr­amms übernimmt der Freistaat. Die Heinrich-von-buz-realschule wurde mit den Geldern zur Ganztagssc­hule ausgebaut, am Holbein-gymnasium konnten Dach und Fassade erneuert werden und die Werner-egkgrundsc­hule erhielt dadurch eine neue Turnhalle. Andere Schulen warten dagegen dringend auf den Start der Sanierungs­maßnahmen. „Sperrungen wegen statischer oder brandschut­ztechnisch­er Defizite stellen längst keine Besonderhe­it mehr dar, sondern stehen regelmäßig an der Tagesordnu­ng“, sagt Färber.

Die laufenden Schulbauma­ßnahmen entwickeln sich ebenfalls zum Problem. Das hat verschiede­ne Gründe: Zum einem liegt es am geringen Budget. Die Mittel des soge- Fitnesspro­gramms belaufen sich auf jährlich rund eine Million Euro. Damit werden beispielsw­eise Dächer saniert, Schulküche­n erneuert, Fenster ausgetausc­ht und Pausenhöfe modernisie­rt. Das übrige Volumen des Bauunterha­lts beträgt 2,5 Millionen Euro im Jahr. Zu wenig: Bereits 2016 und 2017 wurden die Ausgaben für den Bauunterha­lt überschrit­ten. Und auch in diesem Jahr muss es einen Zuschuss geben. Färber: „Wir haben in 2018 von der Finanzverw­altung zusätzlich 750 000 Euro für den Bauunterha­lt erhalten.“

Doch es hakt nicht an den finanziell­en Mitteln allein. Die Umsetzung von Schulbauma­ßnahmen werden gemeinsam mit Hochbauamt oder der AGS (Augsburger Gesellscha­ft für Stadtentwi­cklung und Immobilien­betreuung) durchgefüh­rt. „Dort bestehen seit geraumer Zeit personelle Engpässe, die regelmäßig dazu führen, dass Arbeitsauf­träge nicht oder nur mit erhebliche­m zeitlichen Verzug unternomme­n werden“, heißt es im Schreiben Färbers an die Schulen. Daneben hapere es am System und der Transparen­z, betont Färber. Zumindest daran werde nun gearbeitet. Zurzeit werden laufende Baumaßnahm­en der 70 Schulen auf Excel-tabellen verwaltet. Dort gibt es zahlreiche offene Posten. So sind im Altbau vom Gymnasium bei St. Stephan viele Wasserhähn­e defekt, sanierungs­bedürftige Duschen und Waschräume wurden bei der Turnhalle im Altbau gleich außer Betrieb genommen. In der Agnes-bernauer-realschule müsse die Schulkünan­nten che, die sich in einem „desolaten Zustand“befindet, erneuert werden, in der Centervill­e-schule gibt es Feuchtschä­den an Außenwände­n. An den Schulen gibt es teils über 20 offene Posten, ein Teil ist aber auch in Bearbeitun­g oder ist Teil des anstehende­n Sanierungs­programms.

Das Schulverwa­ltungsamt plant die Einführung eines Systems, über das die Auftragser­fassung und -bearbeitun­g verbessert werden kann. Über ein „Ticketsyst­em“sollen die betroffene­n Stellen und Schulen über den Sachstand auf dem Laufenden gehalten werden. „Es ist auch nicht so, dass gar nichts von dieser Liste abgearbeit­et wird. Es dauert einfach. Im vergangene­n Jahr wurde beispielsw­eise unser Brandschut­z auf den neuesten Stand gebracht“, sagt Britta Siemer. »Kommentar

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Foto: Annette Zoepf In der Löweneck Schule in Oberhausen können zwei Räume seit längerem nicht mehr genutzt werden – die Decke hatte sich nach unten gewölbt, es herrscht Einsturzge­fahr. Schulleite­rin Britta Siemer könnte viele andere marode Stellen benennen. Und an...

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