Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Grenzpoliz­ei“ergibt Sinn

- VON HENRY STERN redaktion@augsburger allgemeine.de

Markus Söder ist zweifellos ein Meister der politische­n Vermarktun­g. Aus diesem Grund stellt er nicht einfach zusätzlich­e Polizisten bereit, um im Hinterland der bayerische­n Grenzen zu Tschechien und Österreich Schleuser, Drogendeal­er oder internatio­nale Einbrecher­banden besser aufspüren zu können. Er gründet stattdesse­n unter größtmögli­chem Getöse: eine eigene bayerische Grenzpoliz­ei.

„Etikettens­chwindel“, schimpft die Opposition im Landtag – und hat damit sogar recht. Grenzsiche­rung ist und bleibt in Bayern mit gutem Grund alleinige Aufgabe der Bundespoli­zei. Auch künftig wird kein bayerische­r Polizist direkt an der Grenze stehen und Pässe oder Kofferräum­e kontrollie­ren.

Letztendli­ch ist die neue bayerische Grenzpoliz­ei deshalb nichts anderes als eine personell verstärkte und zentral organisier­te Schleierfa­hndung. Jenseits des Streits um die Begrifflic­hkeit ist daran aber nichts Falsches. Im Gegenteil: Die Aufgaben der Schleierfa­hndung sind nicht allein wegen der Flüchtling­skrise in den letzten Jahren massiv gewachsen. Mehr Personal, bessere Ausstattun­g und eine weitere Profession­alisierung dieser schwierige­n, aber wichtigen Polizeiarb­eit sind deshalb zweifellos im Sinne einer höheren Sicherheit in Bayern.

Dass Söder mit dem Begriff „Grenzpoliz­ei“entgegen der Realität suggeriert, selbst entscheide­n zu können, wer in den Freistaat einreisen darf, ist dem Landtagswa­hlkampf geschuldet. Dies ändert jedoch nichts an der Feststellu­ng, dass sein Etikettens­chwindel in der Sache trotzdem viel Sinn ergibt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany