Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Geld für Blut?

Weltblutsp­endetag Immer weniger Menschen spenden Blut – doch der Bedarf ist groß. Es könnte eine Lösung für das Problem geben. Von der sind aber nicht alle begeistert

- VON JUDITH RODERFELD

Augsburg Wer Blut spendet, tut etwas Gutes. Als Dankeschön gibt es oft ein kühles Getränk und einen Snack. Doch die Zahl der Spender sinkt. Lässt sich der Rückgang aufhalten, indem Menschen Geld für ihre Spende erhalten? Wäre eine finanziell­e Entschädig­ung möglicherw­eise die Lösung für das Problem?

Nur etwa drei Prozent der Menschen in Deutschlan­d spenden Blut, die meisten von ihnen unentgeltl­ich. Aus Sicht des Medizineth­ikers Georg Marckmann wäre die Vergütung zumindest einen Versuch wert. „Man müsste es einfach einmal ausprobier­en“, sagte er anlässlich des heutigen Weltblutsp­endetages. In einem zweiten Schritt könnte man nach Ansicht des Experten dann untersuche­n, wie sich die Bezahlung auf die Spendenber­eitschaft auswirkt. In Deutschlan­d ist das Blutspende­n in der Regel freiwillig und unentgeltl­ich. Aber private Spendedien­ste, Pharmaunte­rnehmen, manche Uniklinike­n und auch staatliche oder kommunale Dienste zahlen bereits eine Aufwandsen­tschädigun­g für Vollblutsp­enden. Meistens liegt diese bei 20 bis 25 Euro, zum Teil auch in Form von Gutscheine­n, die dann in Geschäften eingelöst werden können.

Haema, der größte unabhängig­e Blutspende­dienst Deutschlan­ds, bietet zum Beispiel eine Vergütung an. Vor allem junge Leute spenden dort. „Mit dem Konzept gelingt es offensicht­lich, viele junge Spender zu motivieren“, so Haema-sprecher Jan Noack. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) und das Bayerische Rote Kreuz (BRK) setzen dagegen anstelle von Geld sozusagen eher auf Nächstenli­ebe.

Das DRK ist der größte Anbieter und sammelt etwa 70 Prozent des gespendete­n Blutes. Spendern werden dafür – anstelle einer finanziell­en Aufwandsen­tschädigun­g – Snacks, Getränke oder auch kleine Geschenke angeboten.

Das DRK halte sich an einen internatio­nalen ethischen Kodex des Roten Kreuzes, wonach Blutspende­n unentgeltl­ich und freiwillig sein sollen, erklärt Kerstin Schweiger, Sprecherin der Drk-blutspende­dienste.

Aber ist der Kodex auf Dauer zu halten? Gerade in der Urlaubszei­t oder bei Grippewell­en ist die Not durch fehlende Blutkonser­ven besonders groß, weil Spenden dann zeitweise ausbleiben. Einen künstliche­n Ersatz für Blut gibt es nicht. Nach geltenden Zulassungs­kriterien könnten 33 Prozent der Menschen Blut spenden. Fakt ist aber: Es sind eben nur drei Prozent.

„Blutproduk­te bieten dem Empfänger erhebliche­n Nutzen bis hin zur Lebensrett­ung – warum sollte der Blutspende­r nicht im Gegenzug eine Vergütung erhalten?“, fragt Medizineth­iker Marckmann. Blut sei eine knappe und wertvolle Ressource. Und Blutspende­dienste oder Unternehme­n verdienten damit Geld, so der Leiter des Instituts für Ethik an der Ludwig-maximilian­suniversit­ät in München weiter. Marckmann hält 25 Euro pro Stunde Blutspende­n für angebracht. „Wenn das Blut hinterher kostenlos weitergege­ben würde, wäre das etwas anderes.“Dann wäre es sinnvoll, auch die Spende sozusagen als selbstlose­n Vorgang zu sehen. So sei es aber nicht.

Insgesamt ist die Zahl der Vollblutsp­enden in Deutschlan­d rückläufig. 2017 gab es erstmals weniger als vier Millionen Spenden, wie aus Zahlen des Paul-ehrlich-instituts (PEI) hervorgeht. Das DRK will mit einer großen Kampagne neue Spender gewinnen. Künftig Geld für Spenden zu zahlen, soll nach Ansicht der größten Hilfsorgan­isation in Deutschlan­d nicht die Lösung sein.

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Foto: Jan Woitas, dpa Im Jahr 2017 gab es erstmals weniger als vier Millionen Vollblutsp­enden – in früheren Jahren waren es rund eine Million mehr. Nur wenige Anbieter bieten den Spendern eine finanziell­e Aufwandsen­tschädigun­g an.

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