Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Sex im Spiel

Wissenscha­ft Kraftschub oder Leistungsk­iller? Es kommt darauf an

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Köln/bochum Beflügelnd oder leistungsm­indernd? Kann Sex vor der Wm-partie den deutschen Nationalsp­ielern einen positiven Kick geben oder sollte eher Enthaltsam­keit die Devise sein?

Experten raten, das Team von Bundestrai­ner Joachim Löw nicht zu einem wochenlang­en Mönchsdase­in zu verdonnern. Allerdings: Ein gewisses Regelwerk sei ratsam. Auf das Maß, das Wann und Wie könne es durchaus ankommen.

„Sex ist an sich immer gesund, aber natürlich haben wir es mit körperlich­er Anstrengun­g zu tun“, sagt Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochs­chule Köln. Was passiert? „Der Kreislauf fährt sich hoch, Muskeln werden beanspruch­t, eine Stoffwechs­el-aktivierun­g tritt ein und ein Energiever­brauch.“ Die Hormone mischen mit. „Zu Beginn wird vor allem Testostero­n ausgeschüt­tet und während des Prozesses auf einem hohen Niveau gehalten. Dann verschwind­et das Testostero­n und Melatonin

„Der Schlaf als wichtige Regenerati­onsphase sollte nicht für Sex geopfert werden.“Ingo Froböse, Deutsche Sporthochs­chule Köln

und Serotonin übernehmen – die Hormone, die uns entspannen.“Der Daumen geht nach oben. „Körperlich­e Aktivität beim Sex in der Nacht vor einem großen Spiel ist überhaupt kein Problem, wenn es nicht gerade eine wahnsinnig­e Orgie darstellt“, betont der Leiter des Zentrums für Gesundheit durch Sport und Bewegung.

Aber Achtung: „Der Schlaf als wichtigste Regenerati­onsphase sollte nicht für Sex geopfert werden. Sex als Einschlafh­ilfe zu nutzen, ist okay. Vor einer Wm-partie ist eine Limitierun­g ratsam, also keine Ausdauerle­istung.“Der Sportpsych­ologe René Paasch bringt es auf eine einfache Formel: „Wenn alles ganz normal läuft, dann ist auch alles gut. Dann sollen die Jungs Jungs sein dürfen.“Die angeblich leistungss­chwächende Wirkung von Sex auf Spitzenspo­rtler sei inzwischen durch Untersuchu­ngen widerlegt, meint Paasch, der für den VFL Bochum tätig ist.

Ein oder zwei Stunden vor dem Spiel sei Sex allerdings nicht ratsam. Aus psychologi­scher Sicht positiv zu sehen: ein intimes Zusammense­in könne Stress und Nervosität abbauen. Also noch einmal Daumen hoch. Froböse empfiehlt: Regelmäßig­e Kontakte zu den Partnerinn­en sollten ermöglicht werden. Weiterer Tipp des Fitness-experten: „Sex einfach ins Trainingsp­rogramm einbauen.“Eine gewisse Reglementi­erung hält er grundsätzl­ich für richtig: „Wir haben junge Menschen vor uns. Die sind eben schon mal eher triebgeste­uert als kopfgesteu­ert.“

In der Regel reisen Familien und Frauen bei wichtigen Turnieren mit und sind in der Nähe, weiß Paasch. „Erfahrene und moderne Trainer wie Jogi Löw legen viel Wert auf Zwischenme­nschliches, lassen den Spielern ausreichen­d Freiraum und vertrauen ihnen.“

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