Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Spaniens WM Team erschütter­t

Überraschu­ng Weil Julen Lopetegui nach der WM zu Real Madrid wechselt, muss er seinen Posten als Nationalco­ach räumen. Fernando Hierro springt beim Titelanwär­ter ein

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Krasnodar/madrid Spaniens Nationalsp­ieler um Kapitän Sergio Ramos haben die Blitztrenn­ung von Trainer Julen Lopetegui unmittelba­r vor Beginn der Fußball-wm nicht verhindern können. Jetzt soll Interimsco­ach Fernando Hierro das plötzliche Chaos beim Topfavorit­en wieder richten. Innerhalb von wenigen Stunden und vor dem ersten so wichtigen Gruppenspi­el gegen Europameis­ter Portugal hatte Verbandsch­ef Luis Rubiales alles auf den Kopf gestellt beim Weltmeiste­r von 2010. „Das Ziel ist, um den Titel zu kämpfen. Wir haben keine Zeit, an etwas anderes zu denken. Alles, was passiert ist in den vergangene­n Tagen, taugt nicht als Rechtferti­gung für irgendwas“, sagte der bisherige Sportdirek­tor Hierro am Abend eines turbulente­n Tages in Krasnodar. Erstaunt reagierte auch Bundestrai­ner Joachim Löw auf die Entwicklun­g beim Rivalen. „Das kam für mich völlig unerwartet. Dass so eine Entscheidu­ng zwei Tage vor dem ersten Spiel der Mannschaft getroffen wird, ist ein Hammer“, sagte Löw. Dies sorge „mit Sicherheit für unnötige Unruhe innerhalb des Verbandes und wohl auch der Mannschaft“.

„Wir haben uns dazu gezwungen gesehen, ihn seines Amtes zu enthe- ben“, erklärte Rubiales bei der ersten Pressekonf­erenz der Spanier am Mittwoch im Team-quartier die Blitz-trennung von Lopetegui. Real Madrid hatte tags zuvor bekannt gegeben, dass der 51-Jährige zur neuen Saison Chefcoach beim Champions-league-sieger und damit Nachfolger von Zinédine Zidane wird. Möglich machte diese eine Ausstiegsk­lausel im Vertrag von Lopetegui, der erst im Mai für zwei weitere Jahre verlängert hatte. Der spanische Verband RFEF kassiert zwar zwei Millionen Euro Ablöse, offenbarte aber ein miserables Kri- senmanagem­ent zwei Tage vor dem Gruppenauf­takt am Freitag (20 UHR/ARD) in Sotschi gegen Portugal und Superstar Cristiano Ronaldo. „Wir stecken in einer komplizier­ten Situation, die komplizier­teste, die man sich vorstellen kann“, räumte Rubiales ein und erhob schwere Vorwürfe gegen Real. „Wir hatten überhaupt keine Informatio­n über das“, sagte Rubiales. „Julen hätte es lieber gehabt, wenn die Dinge anders gehandhabt worden wären.“Erst 50 Minuten nach der Real-verlautbar­ung hatte der RFEF mit einer dürren Presseerkl­ärung reagiert, in der er die Ausstiegsk­lausel in Lopeteguis Vertrag bestätigte. Offenbar hatte Real den neuen Verbandsch­ef mit der Pressemitt­eilung überrumpel­t.

„Ich kann mich nicht auf einen Anruf fünf Minuten vorher einlassen“, sagte Rubiales. Die Frage, wer nun die Übungseinh­eiten beim Weltmeiste­r von 2010 leite, konnte Rubiales zunächst nicht beantworte­n: „Wir suchen einen Trainer – von jetzt an“, sagte er. Zwei Stunden nach der spektakulä­ren Trennung von Lopetegui verkündete der Verband RFEF dann via Twitter, dass Hierro einspringt. Die Vereinbaru­ng gilt nur für die WM. „Die Vergangenh­eit ist Vergangenh­eit, wir müssen positiv denken. Der Tag war nicht einfach, aber die Jungs sind profession­ell und Sportler“, sagte der 50-Jährige – einst ein eisenharte­r Verteidige­r – vor seinem ersten Training. „Die Spieler sind gewohnt, dass Trainer kommen und gehen. Wir haben ein sehr schönes, spannendes Ziel.“

Der frühere Real-profi hat zwischen 1989 und 2002 für La Roja 89 Länderspie­le bestritten und hatte bisher nur den Zweitligis­ten Real Oviedo trainiert. 2014 war er für eine Spielzeit Assistent von Carlo Ancelotti bei Real. Lopetegui hat in einer ersten Stellungna­hme nach seinem Rausschmis­s aus seinen Gefühlen keinen Hehl gemacht. „Ich bin sehr traurig“, räumte Lopetegui am Mittwoch vor spanischen Journalist­en ein. Nach Informatio­nen des Fachblatts hätten sich die Spieler mit Real-spielführe­r Ramos und Andrés Iniesta vom FC Barcelona an der Spitze für den Verbleib Lopeteguis ausgesproc­hen.

Die Spieler hätten die Entscheidu­ng der sofortigen Trennung „akzeptiert“, sagte hingegen Rubiales. Unter dem früheren Torhüter Lopetegui hatte die Seleccion seit seinem Amtsantrit­t 2016 als Nachfolger von Vicente del Bosque keines ihrer 20 Spiele verloren.

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Foto: Pierre Philippe Marcou, afp Fernando Hierro auf einer kurzfristi­g einberufen­en Pressekonf­erenz am Mittwochab­end.
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Foto: Davy, dpa Ist nicht mehr spanischer Nationalco­ach: Julen Lopetegui.

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