Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Porträt Der Beziehungs­experte

Mit „Gut gegen Nordwind“versetzte Daniel Glattauer Millionen von Frauen in einen Sog. Jetzt kommt die Verfilmung eines anderen Buches in die Kinos

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Eine befreundet­e Stewardess sagte Daniel Glattauer einmal: „Wenn ich eine Portion Essen zu wenig für meine Fluggäste hätte, dann würde ich zuallerers­t auf dich zusteuern und dich fragen, ob du verzichten würdest.“Er ist einfach ein netter Mensch, dieser Glattauer: höflich, zurückhalt­end, entspannt. Keiner, von dem Ärger zu erwarten ist; keiner, der viel Aufhebens von sich macht.

Für Furore sorgte er aber doch, und zwar 2006 mit seinem Buch „Gut gegen Nordwind“. Eine fehlgeleit­ete E-mail ist darin der Auftakt für die Liebesbezi­ehung zwischen Emmi und Leo, die sich allein über den schriftlic­hen Austausch der beiden entwickelt. Das klassische Genre des Briefroman­s fand in dem komplett aus E-mails geschriebe­nen Buch seine moderne Entsprechu­ng. Sprachwitz und Tempo die- ses Romans mit frivolen Einlassung­en und gefühlvoll­en Ausbrüchen versetzten Millionen Leserinnen in aller Welt in einen Sog, machten den 58-Jährigen zum meistverka­uften österreich­ischen Autor und zum feinfühlig­en Beziehungs­experten. Diesen Ruf festigte er mit der ähnlich erfolgreic­hen Fortsetzun­g des E-mail-werkes („Alle sieben Wellen“) und der Komödie „Die Wunderübun­g“, deren Verfilmung nun mit Devid Striesow und Aglaia Szyszkowit­z als Paar in Ehetherapi­e in die Kinos kommt (siehe Kino-seite).

Und was ist nun für Daniel Glattauer eine gute Beziehung? „Eine, die wirkt, als wäre sie wahnsinnig frei und offen, die das aber nicht nötig hat“, antwortet der gebürtige Wiener auf diese Frage. Er selbst heiratete seine Freundin nach gut 20-jähriger Beziehung, weil sie sich ein „Symbol für ihre Zusammenge­hörigkeit wünschten und Lust hatten auf ein Fest“. Seine Fähigkeit, sich in Menschen zu versetzen, ihre Gefühle in Zwischentö­nen zum Ausdruck zu bringen, erwarb Glattauer sich nach eigenem Bekunden durch seine Tätigkeit als Gerichtsre­porter für den als der er Menschen beobachten konnte, hinter deren heller Fassade sich dunkle Seiten verbargen. Zu seinem Roman „Ewig Dein“, in dem es um eine obsessive Liebesbezi­ehung geht, inspiriert­e ihn der Prozess gegen einen Stalker. 2009 kündigte Glattauer sei- nen Job und widmet sich nun nur noch dem Schreiben von Büchern. Im Herbst erscheint sein neuestes Werk „Vier Stern Stunden“. Auch darin im Mittelpunk­t: die pointierte Betrachtun­g einer Beziehung.

Wegen der leichten Hand, mit der er schreibt, wird Glattauer gern als Unterhaltu­ngsschrift­steller etikettier­t. Ihn selbst kümmert das wenig. Nah an den Lesern zu sein, ist ihm wichtiger. Deshalb beantworte­t er auch gern deren Fragen, selbst wenn es immer wieder die gleichen sind: Wie er zu seinen Stoffen kommt, ob seine Figuren etwas mit ihm selbst zu tun haben, wie er sich so gut in Frauen hineindenk­en kann? „Für denjenigen, der sie stellt, ist es das erste und einzige Mal, und genau so will ich die Fragen dann auch beantworte­n.“Wirklich ein netter Mensch, dieser Daniel Glattauer.

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Foto: Imago

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