Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Das bayerische Beschäftig­ungswunder

Serie Im Freistaat gibt es so wenige Arbeitslos­e wie in keinem anderen Bundesland. Das liegt an klugen Entscheidu­ngen

- VON CHRISTINA HELLER

Augsburg Wenn die Bundesagen­tur für Arbeit momentan die Arbeitslos­enzahlen verkündet, kann man sich meist einer Sache sicher sein: Bayern steht besser da als der Bund. Das war nicht immer so. Bis Ende der 70er Jahre lag die Arbeitslos­enquote in Bayern höher als im Rest von Westdeutsc­hland. 1978 hat sich das geändert und ist seitdem so geblieben. Der Grund sind „einige kluge politische Entscheidu­ngen und glückliche Umstände“, sagt Axel Pieper. Er ist Pressespre­cher der Arbeitsage­ntur Bayern. Einer, der eine solche kluge politsche Entscheidu­ng getroffen hat, war Franz Josef Strauß.

Der ehemalige bayerische Ministerpr­äsident entschloss sich früh, aus Bayern einen modernen Industries­tandort zu machen. Damit hatte er Erfolg. „In den 50er Jahren waren noch 30 Prozent der Bevölkerun­g in der Landwirtsc­haft tätig“, sagt Pieper. Heute seien es noch 0,5 bis ein Prozent. Erfolgreic­h war diese Entscheidu­ng auch, weil sich in Bayern Industrie-unternehme­n aus sehr unterschie­dlichen Branchen ansiedelte­n. „Wenn es also einer Branche nicht besonders gut ging, konnte das durch einen anderen Sektor aufgefange­n werden“, sagt Pieper. Deshalb stieg die Arbeitslos­igkeit in Bayern während der Finanzkris­e 2009 zwar an, aber weniger stark als befürchtet.

Besonders gut beobachten lässt sich die positive Veränderun­g in der Oberpfalz – etwa im Landkreis Cham. Dort lag die Arbeitslos­enquote 1987 im Jahresmitt­el bei 15,7 Prozent. Heute beträgt sie drei Prozent. Was dazwischen­lag? Zum einen ist der Eiserne Vorhang gefallen. Weshalb der Landkreis, der an der tschechisc­hen Grenze liegt, vom Handel mit dem östlichen Nachbarn profitiert. Zum anderen gebe es in der Gegend auch einen sehr starken Mittelstan­d, Betriebe aus der Autozulief­erer- und Elektrobra­nche, die Arbeitsplä­tze geschaffen und Fachkräfte angelockt haben, sagt Pieper. „Das ist ein Kreislauf, der sich selbst verstärkt.“Unternehme­n locken Fachkräfte an, die neue Unternehme­n anziehen.

Allerdings sagt der Arbeitsmar­ktexperte auch: „Die bayerische­n Unternehme­n haben sich in der Vergangenh­eit immer wieder modernisie­rt und Innovation­sgeist bewiesen. Das müssen sie weiterhin tun.“ Denn um erfolgreic­h zu bleiben, müsste sich der Industries­tandort Bayern zu einem Dienstleis­tungsstand­ort wandeln – auch um die Beschäftig­ung zu sichern.

Dass es den Beschäftig­ten in Bay- ern momentan recht gut geht, lässt sich gerade immer am Ende jedes Monats feststelle­n. Immer wenn in Nürnberg die Arbeitslos­enzahlen verkündet werden, überschlag­en sich die Rekorde: Die Anzahl der Menschen ohne Arbeit sinkt und sinkt, die Zahl der Beschäftig­ten wächst und wächst. Momentan sind 2,7 Prozent der Bayern ohne Job. Das zählt schon als Vollbeschä­ftigung. „Die Zahl der Arbeitslos­en ist momentan gering“, sagt Pieper. „Und wir merken, dass es eine hohe Fluktuatio­n gibt.“Das heißt, wer heute arbeitslos wird, bleibt es oft nicht lange. Denn der Arbeitsmar­kt hat sich gewandelt. In vielen Branchen hat heute der Beschäftig­te die Wahl, welche Stelle er annimmt. Früher entschiede­n die Unternehme­n. „Aus Sicht der Bewerber ist Vollbeschä­ftigung positiv, für Betriebe wird es schwerer.“

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Foto: dpa Wo sich Unternehme­n ansiedeln, ziehen Fachkräfte nach.
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