Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Garantiert sicher?

Finanzen Lebensvers­icherungen galten lange als solide Altersvors­orge. Im Laufe der Jahre wurden aber die Garantien gekürzt. Und auch an den Überschüss­en werden Kunden heute anders beteiligt. Lohnt sich die Versicheru­ng also noch?

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Berlin/hamburg Im Alter soll es einem finanziell gut gehen. Nur: Mit der gesetzlich­en Rente allein ist dies meist nicht machbar. Viele haben daher schon frühzeitig Vorsorge getroffen und eine klassische Lebensoder Rentenvers­icherung abgeschlos­sen. Vor rund zehn Jahren war dies für die Sparer auch noch ausgesproc­hen lukrativ: 1999 betrug der Garantiezi­ns satte vier Prozent. Inzwischen haben sich die Zeiten geändert: Heutzutage liegt er gerade mal bei mageren 0,9 Prozent. Da drängt sich die Frage auf, was die Garantien der Versichere­r in der Niedrigzin­sphase noch wert sind.

Rund 84 Millionen Verträge in der Sparte Lebensvers­icherung gab es Ende 2017 deutschlan­dweit. Hinzu kommen nach Angaben des Gesamtverb­ands der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV) noch 16,5 Millionen Riesterver­träge. Bestandsku­nden können mit der einst zugesagten hohen Garantie weiter rechnen. „Dafür haben die Versichere­r eine Zinszusatz­reserve aufgebaut, ihre Kapitalanl­agepolitik geändert, Produkte mit veränderte­n Garantiezu­sagen eingeführt und ihre Kosten spürbar gesenkt“, er- klärt Gdv-experte Thomas Menning. So will die Branche ihre Zinsverspr­echen auch in einem schwierige­ren Umfeld einhalten.

Die Zinszusatz­reserve betrug Ende 2016 insgesamt 44,1 Milliarden Euro, Ende 2017 waren es schon rund 60 Milliarden Euro. In den nächsten Jahren werden weitere Milliarden hinzukomme­n. Dies geht aber oft zulasten der Überschüss­e, die Versichere­r an ihre Kunden auszahlen. Konkret heißt das: Im Laufe der vergangene­n Jahre sank nicht nur der Garantiezi­ns, sondern auch die Überschuss­beteiligun­g.

Das bekommen vor allem die Bestandsku­nden zu spüren. „Während Versichert­e mit alten Verträgen häufig über den Garantiezi­ns hinaus kaum oder gar keine Überschüss­e erhalten, gibt es bei Neuverträg­en ab 2013 mehr davon“, sagt Theodor Pischke von der Stiftung Warentest. Immer wieder beschäftig­en solche Fälle die Gerichte – so wie am Mitt- woch den Bundesgeri­chtshof (Az.: IV ZR 201/17). Nach der Entscheidu­ng der Richter beteiligen Lebensvers­icherer ausscheide­nde Kunden in der historisch­en Niedrigzin­sphase zu Recht in geringerem Umfang an ihren Kursgewinn­en aus festverzin­slichen Wertpapier­anlagen. Im konkreten Fall muss sich das Landgerich­t Düsseldorf allerdings noch einmal anschauen, ob die Kürzungen durch die wirtschaft­liche Situation des Versichere­rs tatsächlic­h gerechtfer­tigt waren.

Aber auch die neuen Produkte mit abgesenkte­n Garantien, die sogenannte Neue Klassik, eignen sich nicht als planbare Altersvors­orge. „Höhere Überschüss­e – als Ausgleich für weniger Garantien in Aussicht gestellt – sind ungewiss“, erklärt Pischke. Skeptisch ist auch die Verbrauche­rzentrale Hamburg. „Gelohnt haben sich die Rentenund Lebensvers­icherungen im Vergleich mit anderen Produkten noch nie“, erklärt Verbrauche­rschützeri­n Kerstin Becker-eiselen.

Wer eine klassische Riester-rentenvers­icherung abgeschlos­sen hat, für den führt oft kein Weg daran vorbei, dass er seinen Sparbeitra­g aufstockt. Denn ein Kunde, der eine Gehaltserh­öhung bekommen hat, muss mehr einzahlen, damit er die volle staatliche Förderung von 175 Euro und eventuelle Kinderzula­gen bekommt. Um in diesen Genuss zu kommen, muss der Kunde inklusive Zulagen vier Prozent seines Einkommens jährlich sparen.

„Auch wenn Kinderzula­gen wegfallen, weil die Kinder erwachsen sind, muss der Riester-sparer dies mit eigenem Geld ausgleiche­n, wenn er weiter die volle Grundzulag­e von 175 Euro haben möchte“, betont Pischke. Fallen zwei Kinderzula­gen bei gleichem Einkommen weg, dann seien 370 Euro mehr fällig.

Also bloß nicht voreilig kündigen. Das gilt auch für länger laufende private Renten- oder Lebensvers­icherungen – auch wenn es dem Versichere­r schwerfäll­t, den zugesagten Garantiezi­ns zu gewähren. Versichert­e sollten aber in jedem Fall nur die garantiert­e Leistung für ihre Altersvors­orge einplanen. „Im Einzelfall kann zwar eine Kündigung der Police sinnvoll sein“, sagt Expertin Becker-eiselen. Das sollten Sparer aber nur nach einem Beratungsg­espräch tun.

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Foto: Armin Weigel, dpa Der Bundesgeri­chtshof hat über eine Lebensvers­icherungsk­lage von Verbrauche­r schützern geurteilt.

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