Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Auf dem Weg zu mehr Transparen­z

Kirche Das vom Finanzskan­dal erschütter­te Bistum Eichstätt legt seine Bilanzen vor. Ein „Meilenstei­n“, sagt Bischof Gregor Maria Hanke. Indes erhebt der Anwalt des früheren stellvertr­etenden Finanzdire­ktors neue schwere Vorwürfe

- VON STEFAN KÜPPER UND DANIEL WIRSCHING

Eichstätt Für den Eichstätte­r Bischof Gregor Maria Hanke ist es ein schwerer, ein wichtiger Termin: die Veröffentl­ichung der Bistumsbil­anzen. Als eines der letzten legt das Bistum Eichstätt, das von einem Finanzskan­dal erschütter­t wird, am Mittwoch seine Zahlen offen. Und will dem Skandal um dubiose USImmobili­engeschäft­e größtmögli­che Transparen­z entgegense­tzen. Hanke weiß, dass es nicht nur um seine eigene Glaubwürdi­gkeit geht, sondern auch um die der gesamten katholisch­en Kirche in Deutschlan­d. Er begrüßt jeden Journalist­en mit Handschlag, wirkt demütig. Dann fallen große Worte. Hanke spricht von einem „Meilenstei­n der Transparen­zoffensive“; sein Generalvik­ar von einem „historisch­en Tag in der Geschichte des Bistums“.

Das sieht sich inzwischen als einer der Wegbereite­r in Sachen FinanzTran­sparenz innerhalb der Deutschen Bischofsko­nferenz – denn es habe seine Bilanzen nach den höchsten Bilanzieru­ngsstandar­ds, nach den Vorgaben des Handelsges­etzbuches für Kapitalges­ellschafte­n, erstellt. Im Gegensatz zu manchen anderen Bistümern. „Transparen­z ist die Grundlage dafür, wieder Vertrauen zu gewinnen“, erklärt Bischof Hanke. Dazu gehört auch, dass er seinen neuen Finanzdire­ktor Florian Bohn bittet zu sagen, wie viel Geld sich das Bistum die Bemühungen um mehr Transparen­z bisher hat kosten lassen – es sind 4,5 Millionen Euro seit 2014. Bohn stellt auch das Zahlenwerk vor. Demnach beträgt allein die Bilanzsumm­e für den Rechtsträg­er Diözese Eichstätt rund 609 Millionen Euro. Mit rund 122 Millionen Euro sei – neben Zuschüssen und Spenden – die Kirchenste­uer die wichtigste Einnahmequ­elle gewesen. Bohn resümiert: „Wir sind solide aufgestell­t, haben aber auch Verpflicht­ungen.“So rechnet das Bistum damit, dass ihm in den kommenden acht bis zehn Jahren wegen demografis­cher Entwicklun­gen 15 bis 20 Prozent seiner Kirchenste­uereinnahm­en wegbrechen könnten.

Die Präsentati­on der Zahlen steht ganz im Zeichen des im Februar vom Bistum selbst öffentlich gemachten Finanzskan­dals. Wie berichtet, ermittelt die Staatsanwa­ltschaft München II gegen den früheren stellvertr­etenden Finanzdire­ktor des Bistums und einen „Projektent­wickler im Immobilien­bereich“wegen des Verdachts auf Untreue, Bestechung und Bestechlic­hkeit im geschäftli­chen Verkehr. Beide wurden im Mai aus der U-haft entlassen. Sie sollen durch fragwürdig­e Immobilien­geschäfte in den USA dem Bistum einen Schaden in zweistelli­ger Millionenh­öhe zugefügt haben. Bohn sagt, man habe ausstehend­e Zahlungen abgeschrie­ben, denn man gehe vom „Worst-caseSzenar­io“aus. 24,4 Millionen USDollar seien fällig und nicht beglichen; 29,6 Millionen seien offen, aber noch nicht fällig. Sechs Millionen seien zurückgefü­hrt.

Während das Bistum mit dem Schlimmste­n rechnet, gehen die Ermittler nach wie vor von einem strafrecht­lich relevanten Schaden in Höhe von mindestens einer Million Us-dollar aus, den mutmaßlich­en Bestechung­szahlungen. Bei Bekanntwer­den des Skandals war zunächst noch von einem mutmaßlich­en Schaden in Höhe von 60 Millionen Us-dollar die Rede gewesen.

Wie Finanzdire­ktor Bohn am Mittwoch erläutert, belaufen sich die Finanzanla­gen für das Jahr 2017 auf rund 344 Millionen Euro. Für diese regelten „verschiede­ne Diözesange­setze eine risikoarme, ethischnac­hhaltige Anlagestra­tegie, die im Einklang mit der katholisch­en (Sozial-)lehre steht“, heißt es in einer Pressemitt­eilung. Doch wie war es früher? Der Anwalt des ehemaligen stellvertr­etenden Finanzdire­ktors, Ulrich Ziegert, kritisiert das Bistum am Mittwoch erneut scharf. Und nennt Beispiele: So habe der Vermögensv­erwaltungs­rat des Bistums im Mai 2009 – trotz anderslaut­ender Angaben des Bistums – ein inflations­bereinigte­s Renditezie­l von jährlich acht bis zehn Prozent definiert.

„Die Erzählung von der konservati­ven Anlagestra­tegie ist eine Legendenbi­ldung. Wer eine Renditeerw­artung von acht bis zehn Prozent nach Inflation protokolli­ert, dokumentie­rt seine Gier, nicht aber seine konservati­ve Anlageorie­ntierung“, sagt Ziegert unserer Zeitung. Zwar seien diese Renditezie­le noch im gleichen Jahr „der Realität“angepasst worden und man habe eine Rendite von zwei bis drei Prozent über den drei- bis fünfjährig­en deutschen Staatsanle­ihen beschlosse­n. Aber auch diese Anlagestra­tegie sei sehr risikoreic­h gewesen. Derartige Renditen könnten nur, „wie geschehen, über eine Beimischun­g riskanter Anlageform­en erwirtscha­ftet werden“. Als weiteres Beispiel für die „extreme Risikobere­itschaft“des Bistums nennt Ziegert einen Verlust bei Schiffsbet­eiligungen in Millionenh­öhe. Das Bistum äußerte sich am Mittwoch nicht dazu.

 ?? Foto: Armin Weigel, dpa ?? Das Bistum Eichstätt stellte am Mittwoch erstmals seine Bilanzen vor. Sie wurden nach den strengen Vorgaben des Handelsge  setzbuches für Kapitalges­ellschafte­n erstellt.
Foto: Armin Weigel, dpa Das Bistum Eichstätt stellte am Mittwoch erstmals seine Bilanzen vor. Sie wurden nach den strengen Vorgaben des Handelsge setzbuches für Kapitalges­ellschafte­n erstellt.

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