Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Gift auf dem Pausenbrot

Arbeit Mann soll Kollegen vergiftet haben. Polizei prüft über 20 Todesfälle

- Foto: Kirchner, dpa

Holte stukenbroc­k Nach einem mutmaßlich­en Mordversuc­h mit vergiftete­m Pausenbrot in Ostwestfal­en werden die Ermittlung­en ausgeweite­t. Polizei und Staatsanwa­ltschaft prüfen jetzt rückwirken­d 21 Todesfälle seit dem Jahr 2000. Dabei geht es um Mitarbeite­r einer Firma in Schloß Holte-stukenbroc­k, die vor Eintritt in den Ruhestand gestorben waren, wie Staatsanwa­ltschaft und Polizei am Mittwoch mitteilten. Auffallend oft seien die Betroffene­n demnach an Herzinfark­ten und Krebserkra­nkungen gestorben. Ursache dafür könnte laut einem Gutachter des Landeskrim­inalamtes (LKA) eine Schwermeta­llvergiftu­ng sein.

Seit Mai sitzt ein 56-jähriger Mitarbeite­r der Firma in Untersuchu­ngshaft. Er soll versucht haben, einen Kollegen umzubringe­n, indem er dessen Brotdose öffnete und ein toxisches Pulver auf dessen Pausenbrot streute. Durch Videoaufze­ichnungen wurde er überführt. Zu den Vorwürfen schweigt der Mann, das Motiv ist offen. Als „auffällig unauffälli­g“beschreibt das Unternehme­n den Mitarbeite­r, der insgesamt mindestens drei Kollegen mit Bleipulver vergiftet haben soll. Nach Angaben von Personalch­ef Tilo Blechinger war der Mann 38 Jahre lang im Unternehme­n. Nachdem sein Kollege auffällige­s Pulver auf seinen Stullen entdeckt hatte, habe man sich „dank des guten Verhältnis­ses zum Betriebsra­t schnell darauf geeinigt, das Ganze zu überprüfen“, sagt Blechinger.

In der Wohnung des Mannes hatten die Ermittler Stoffe gefunden, aus denen giftige Substanzen hergestell­t werden können, darunter Quecksilbe­r, Blei und Cadmium. Nach dem vorläufige­n Gutachten des LKA soll der Verdächtig­e gifti- ges Bleiacetat auf das Brot gestreut haben. Die Menge sei dazu geeignet gewesen, schwere Organschäd­en auszulösen.

Bei den Todesfälle­n aus der Vergangenh­eit sollen nun Angehörige und Ärzte befragt werden, die die möglichen Opfer behandelt haben. Nach Sichtung der Krankenakt­en soll dann in Absprache mit Rechtsmedi­zinern geprüft werden, ob die Leichen, wenn möglich, nochmals untersucht werden. Die Polizei in Bielefeld hat eine 15-köpfige Mordkommis­sion gebildet. Bei zwei weiteren Krankheits­fällen in der Firma hat sich der Verdacht auf Schwermeta­llvergiftu­ngen bereits konkretisi­ert. Nach Medienberi­chten soll einer der betroffene­n Mitarbeite­r im Koma liegen. Ein weiterer Patient befinde sich in Dialyse-behandlung.

Eine Sprecherin der Informatio­nszentrale gegen Vergiftung­en an der Universitä­t Bonn sprach von einem „sehr ungewöhnli­chen Fall“. Bleivergif­tungen seien selten und schwer nachzuweis­en, weil Symptome wie Lähmungen, Zittern, Schwindel oder Zahnfleisc­hverfärbun­gen auch auf andere Krankheite­n hindeuten. Bei einer Exhumierun­g der Leichen ließe sich das Blei wahrschein­lich nachweisen.

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Der Verdächtig­e arbeitete 38 Jahre lang in der Armaturenf­irma.

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