Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Baumschütz­er gründen Verein

Umwelt Nach den Fällungen am Herrenbach hat sich ein Verein aus Anwohnern und weiteren Aktiven gegründet. Sie wollen weitere Rodungen verhindern und kritisiere­n das Vorgehen der Behörden scharf

- VON STEFAN KROG

Nach der ersten Fällaktion von Bäumen am Herrenbach­ufer vor wenigen Wochen wollen Bürger nun weitere für den Herbst angekündig­te Baumfällun­gen verhindern: Man wolle selbst ein Gutachten zum Zustand von Bäumen und möglichen Umbauten der Betonwände des Herrenbach­s einholen, kündigte Anwohnerin Susanne Altmann an. Inzwischen ist ein Verein namens „Baumallian­z Augsburg“in Gründung, der der Stadt beim Thema Baumfällun­gen künftig genau auf die Finger schauen will.

Unter anderem verlange man mit Verweis auf die Informatio­nsfreiheit­ssatzung, den Schriftver­kehr aller beteiligte­r Behörden zu den Herrenbach-baumfällun­gen vorgelegt zu bekommen, so Vorsitzend­e Altmann. „Das bisherige Vorgehen der Stadt ist eine Aufforderu­ng an die Bürger, selbst aktiv zu werden“, sagt Bruno Marcon, der ebenfalls im Verein aktiv ist und bereits bei mehreren Bürgerbege­hren – zuletzt gegen die Energiefus­ion von Stadtwer- ken und Erdgas Schwaben – engagiert war.

Die Stadt hatte Ende Mai in einer Eilaktion 27 Bäume gefällt, ab Herbst sollen weitere 69 Bäume fallen. Grund ist, dass Experten fürchten, dass Bäume bei Starkwind umfallen könnten und Teile des herausgeri­ssenen Wurzelwerk­s ein Loch in die Kanalwand brechen könnten.

Das Problem ist, dass der Herrenbach auf einem Teil der 650 Meter langen Strecke zwischen Friedberge­r und Reichenber­ger Straße höher als das umgebende Areal liegt und durch einen Damm in seinem Bett gehalten wird. Nachdem die Stadt zunächst immer den Herbst als Fällungsze­itpunkt in den Raum gestellt hatte, fuhren vor einigen Wochen überrasche­nd die Baumfällma­schinen auf. Die Stadt begründete die „Gefahr im Verzug“damit, dass zunächst geplante Interims-lösungen wie das Ablassen des Kanals bei Sturmwarnu­ng nicht funktionie­ren würden.

Die Baumallian­z hält die Argumentat­ion für fragwürdig. Dass es drei Stunden dauere, den Kanal ab- zulassen, wie von der Stadt vorgetrage­n, könne man nicht nachvollzi­ehen.

Möglicherw­eise sei es der Stadt ganz recht gekommen, dass es beim ersten Versuch aufgrund fehlender Erfahrung mit dem Absperren von nur einem Bach länger gedauert habe. „Gegebenenf­alls muss man eben moderne Schleusen installier­en, die automatisc­h herunterge­fahren werden“, so Altmann. Man sehe auch klar die Notwendigk­eit von Hochwasser­schutz, so Marcon. „Aber die bisherigen Erklärunge­n reichen uns nicht aus.“Ein Teil der Anwohner hatte die Fällungen aus Gründen des Hochwasser­schutzes begrüßt. Am 16. Juli ist eine Info-veranstalt­ung der Baumallian­z im Herrenbach geplant.

Abgesehen von der inhaltlich­en Diskussion, ob die Bäume fallen mussten oder nicht, kritisiert der Verein das Vorgehen der Stadt. Es spreche Bände, dass bei der städtische­n Info-veranstalt­ung am Vorabend des Fällungsbe­ginns ein Sicherheit­sdienst vor Ort gewesen sei und der städtische Pressespre­cher gleich zu Beginn verkündete, dass man nicht gekommen sei, um über das „ob“zu diskutiere­n. „Und das passiert in einer Stadt, die ständig vor sich herträgt, die Bürger zu beteiligen. Wer so vorgeht, zeigt aber nur, dass er von Bürgerbete­iligung nichts verstanden hat“, so Marcon.

Vor diesem Hintergrun­d sehe man die Notwendigk­eit, Entscheidu­ngen der Stadt beim Thema Baumfällun­gen generell stärker zu hinterfrag­en. Es falle schon auf, dass in letzter Zeit massiv gefällt werde, sei es am Theater, am Flößerpark, auf dem Martini-areal und beim Tennisclub Augsburg. Auch in der Halderstra­ße finde man inzwischen keine Bäume mehr. Auch die Pläne für die Fuggerstra­ße (Fällungen der Doppelreih­e mit alten Bäumen und Neupflanzu­ng von vier Baumreihen) sehe man kritisch. Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) habe inzwischen jede Glaubwürdi­gkeit verloren. Erben war nach einer Verfügung von Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) für die Fällungen verantwort­lich. Er kündigte inzwischen ein weiteres Gutachten an, das prüfen soll, ob noch Bäume erhalten werden können. Das Grünamt hatte zuvor schon Vorschläge zum Baumerhalt gemacht, die das Tiefbauamt aber als ungenügend ansah.

Marcon fügt außerdem hinzu, dass man sich nicht als Verhindere­r von Stadtentwi­cklung sehe. In der Stadtplanu­ng sei schon längst angekommen, dass Grün Städte attraktive­r mache. „In Augsburg ersetzt aber das Betonieren die Grünentwic­klung.“Nötig sei mehr Kreativitä­t zur Erhaltung von Grün. „Das kann auch bedeuten, dass man bei einem Neubau das Gebäude um eine Baumgruppe herumbaut, statt sie dafür zu fällen.“

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 ?? Archivfoto: Michael Hochgemuth ?? Am Herrenbach hat die Stadt Ende Mai in einer Eilaktion 27 Bäume gefällt, insgesamt sind 96 Bäume zur Fällung vorgesehen. Die Entscheidu­ng der Stadt und deren Informatio­nspolitik löste bei Teilen der Bürgerscha­ft Proteste aus. Allerdings gab es auch Anwohner, die die Fällungen aus Gründen des Hochwasser­schutzes begrüßten.
Archivfoto: Michael Hochgemuth Am Herrenbach hat die Stadt Ende Mai in einer Eilaktion 27 Bäume gefällt, insgesamt sind 96 Bäume zur Fällung vorgesehen. Die Entscheidu­ng der Stadt und deren Informatio­nspolitik löste bei Teilen der Bürgerscha­ft Proteste aus. Allerdings gab es auch Anwohner, die die Fällungen aus Gründen des Hochwasser­schutzes begrüßten.
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Bruno Marcon
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Susanne Altmann

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