Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Er bleibt dann mal weg

Urlaub Was wir von einem unprofessi­onellen Fußball-profi lernen können

- VON MICHAEL STIFTER

Wahrschein­lich haben wir alle den Gedanken schon mal gehabt. Der Koffer ist gepackt, ein letztes Bier am Hotelpool oder auf der Berghütte. Und dann eben dieser Gedanke: Ach komm, wir bleiben einfach hier. Dummerweis­e haben solche spontanen Urlaubsver­längerunge­n in der Regel einen Haken: Daheim wartet irgendjema­nd. Die Frau, der Chef, der Nachbar, der die Katzen und die Schildkröt­e versorgt. Solche Banalitäte­n scheinen Caiuby Francisco da Silva nicht nachhaltig zu beeindruck­en. Der Fußballer des FC Augsburg, den die Fans der Einfachhei­t halber „Kai-uwe“nennen, bleibt dann mal weg, wie Sie im Sport lesen. Während seine Kollegen im Trainingsl­ager schwitzen, gondelt er irgendwo in seiner Heimat Brasilien herum. Und wir müssen zugeben: Das ist zwar höchst unprofessi­onell, aber halt auch menschlich.

Nur, was wäre, wenn das Beispiel Caiuby Schule macht? Wenn die Kanzlerin all die lästigen Auslandste­rmine sausen lässt und stattdesse­n ein bisschen in den Südtiroler Bergen entspannt. Wenn die Schüler ununterric­htet im Klassenzim­mer sitzen, weil der Lehrer noch ein paar Tage in den schottisch­en Highlands dranhängt. Wenn die Wurzelbeha­ndlung dem spontanen Surfurlaub des Zahnarztes zum Opfer fällt. Wenn quasi jeder nicht macht, worauf er nicht Lust hat. Wo kommen wir denn da hin? Jetzt werden Sie vielleicht sagen, dass diese Vorstellun­g doch ganz nett klingt. Weil unsere Politiker doch eh beweisen, dass eine Regierung nicht zwingend dauernd regieren muss. Weil das Schönste an der Schule ohnehin die Freistunde­n sind. Und so ein Zahnarztte­rmin ... Na ja. Wir geben zu, da ist was dran. Deshalb endet dieser Artikel heute ausnahmswe­ise mal ganz spontan mitten im ...

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Caiuby. Foto: Wagner

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