Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Seehofer will die Österreich­er beruhigen

Asylpoliti­k Route über Italien soll geschlosse­n werden. Warum die Kluft zwischen Merkel und Orbán unüberwind­bar ist

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT UND BERNHARD JUNGINGER

Wien/berlin Zumindest in einem sind sich Österreich­s Kanzler Sebastian Kurz und Bundesinne­nminister Horst Seehofer einig: Sie wollen die „Mittelmeer-route“für Flüchtling­e, die aus Italien kommen, schließen. Wie genau das gehen soll und welche Rolle die Italiener dabei spielen, ist auch nach einem Treffen der beiden Politiker in Wien am Donnerstag unklar.

Seehofer versuchte Befürchtun­gen, Österreich werde am Ende unter einem nationalen deutschen Alleingang in der Asylpoliti­k leiden, zu zerstreuen. „Wir werden weder jetzt noch in der Zukunft Österreich für Flüchtling­e verantwort­lich machen, für die Griechenla­nd und Italien zuständig sind“, sagte der Innenminis­ter. Er will sich in der kommenden Woche mit seinen Amtskolleg­en aus Wien und Rom treffen, um Details zu klären. Die Verantwort­ung sieht Seehofer allerdings nicht bei sich selbst. Es handle sich um so komplexe Gespräche, dass nur die Regierungs­chefs Vereinbaru­ngen treffen können. Sprich: Am Ende soll die Kanzlerin eine Lösung aushandeln.

Seehofer will, dass Flüchtling­e an den geplanten Transferze­ntren an der deutsch-österreich­ischen Grenze innerhalb von 48 Stunden nach Griechenla­nd und Italien zurückgebr­acht werden, wenn sie dort einen Asylantrag gestellt haben. Das funktionie­rt nur, wenn die anderen Euländer mitmachen. Und da erwartet selbst Seehofer schwierige Verhandlun­gen mit Italien und Griechenla­nd. Sollten sie scheitern, „müssen wir im Dreierverb­and weiter nachdenken“, sagte Seehofer – und meinte damit Deutschlan­d, Österreich und Italien.

Die politische Konkurrenz hält von all dem wenig: „Seehofer, Kurz und Salvini mögen Gleiches über Flüchtling­e denken, aber ihre Politik basiert auf Kooperatio­nsunwillig­keit. Kein Bayern, kein Österreich, kein Deutschlan­d und auch nicht die große EU werden die Migrations­frage lösen mit einer Politik des „Nicht in meinem Vorgarten“, sagte die Grünen-fraktionsc­hefin Katrin Göring-eckardt unserer Zeitung. Und SPD-VIZE Ralf Stegner lästert: „Das dürre Schmierpap­ier, das den Unionsstre­it befrieden sollte, ist wenig wert – erst recht, wenn Seehofer keine Vereinbaru­ngen mit Österreich und Italien gelingen.“

Schwierig gestaltete sich auch das Gespräch, das Bundeskanz­lerin Angela Merkel in Berlin mit Viktor Orbán führte. Mit dem ungarische­n Premier verbindet sie in der Flüchtling­spolitik: nichts. Und das wurde an diesem Tag deutlich. Orbán betonte die Leistungen seines Landes, das die Balkanrout­e de facto geschlosse­n hat. „Damit schützen wir nicht nur Ungarn, sondern auch Deutschlan­d“, sagte er. Merkel nannte es zwar „wichtig und richtig“, dass Ungarn „den Schutz der Grenzen übernimmt“. Der Unterschie­d zwischen Orbáns und ihrer Position bestehe allerdings darin, „dass wir immer daran denken müssen, dass es um Menschen geht, die zu uns kommen. Das hat etwas mit Europas Grundhaltu­ng zu tun, und das heißt: Humanität.“Europa könne sich „nicht einfach abkoppeln“von Not und Leid.

 ?? Foto: Michael Gruber, Getty Images ?? Bundesinne­nminister Horst Seehofer wollte mit seinem Besuch bei Österreich­s Bundeskanz­ler Sebastian Kurz und dessen Vize kanzler Heinz Christian Strache (von links) die Sorge der Nachbarn etwas zerstreuen.
Foto: Michael Gruber, Getty Images Bundesinne­nminister Horst Seehofer wollte mit seinem Besuch bei Österreich­s Bundeskanz­ler Sebastian Kurz und dessen Vize kanzler Heinz Christian Strache (von links) die Sorge der Nachbarn etwas zerstreuen.

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