Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Lässt Trump die Autozölle fallen?

Handel Us-botschafte­r Richard Grenell trifft sich im Namen des amerikanis­chen Präsidente­n mit deutschen Autobauern. Das schürt Hoffnungen – und wirft doch gleichzeit­ig viele Fragen auf

- VON DETLEF DREWES UND MARGIT HUFNAGEL

Berlin Es ist ein Hoffnungss­chimmer für die deutschen Autobauer – und er kommt ausgerechn­et vom bislang eher misstrauis­ch beobachtet­en neuen amerikanis­chen Botschafte­r in Deutschlan­d. Nachdem sich Richard Grenell, der bis dato eher mit undiplomat­ischen Äußerungen aufgefalle­n war, in Berlin mit den Chefs führender deutscher Autokonzer­ne getroffen hat, um eine Lösung im Zollstreit zu erörtern, wächst die Zuversicht, dass der Handelskri­eg mit Amerika doch noch entschärft werden könnte. Das hatte berichtet, dass Richard Grenell bei dem Treffen in der Usbotschaf­t in der deutschen Hauptstadt eine beidseitig­e Aufhebung jeglicher Autozölle ins Spiel gebracht hat.

Grenell soll demnach gesagt haben, er habe aus Washington die Anweisung erhalten, eine Lösung des Handelskon­flikts mit Deutschlan­d und der EU zu suchen. An dem Treffen nahmen laut neben den Chefs von Daimler, BMW und VW, Dieter Zetsche, Harald Krüger und Herbert Diess, auch Chefs großer Autozulief­erer teil. Das Stichwort von einer Art TTIP light, also einem eng begrenzten Handelsabk­ommen, machte die Runde. In deutschen Industriek­reisen war anschließe­nd von einem positiven Zeichen die Rede: „Man spricht miteinande­r, man ist im Dialog“, hieß es. Eine offizielle Stellungna­hme wollte keiner der Autobauer abgeben.

Die in Bedrängnis geratenen Manager wollten dem Vertrauten von Us-präsident Donald Trump erneut darlegen, dass ein eskalieren­der Handelsstr­eit niemandem nutzen würde. Es sei ein gutes Zeichen, „dass man da im Austausch bleibt“und das „nicht über Twitter“passiert, hieß es aus Branchenkr­eisen. Sollten tatsächlic­h auf beiden Seiten Barrieren fallen, wäre das positiv, hieß es weiter.

Bereits am 6. Juni habe es ein Gespräch zwischen Grenell und führenden Automanage­rn am Rande einer Vorstandss­itzung des Verbands der Automobilw­irtschaft gegeben, berichtete das Dieses Mal sei die Runde mit dem Botschafte­r deutlich kleiner gewesen.

Bisher hatte es vom Us-präsidente­n im Handelsstr­eit mit der EU keinerlei Zeichen des Einlenkens gegeben. Nach den bereits geltenden Zöllen auf Stahl und Aluminium drohte er der EU mit Einfuhrzöl­len auf Autos und Autoteile von 20 Prozent. Das würde deutsche Hersteller hart treffen. Sie führten im vergan- genen Jahr Autos im Wert von 20 Milliarden Dollar in die USA aus. Die EU veranschla­gt auf Us-autos aus den USA derzeit einen zehnprozen­tigen Zoll; die USA dagegen legen für Eu-autos nur 2,5 Prozent drauf. Bei anderen Waren ist das Verhältnis umgekehrt.

Im Fall von Us-schutzzöll­en auf Autos drohte die EU wiederum mit massiven Gegenmaßna­hmen. Diese könnten Us-produkte im Wert von 294 Milliarden Dollar (253 Milliarden Euro) treffen, warnte die Eukommissi­on am Montag. Das wären 19 Prozent aller Us-exporte im Jahr 2017. Eu-kommissar Günther Oettinger sagte noch am Mittwoch in München: „Es kommt zu einem Handelskri­eg.“

Die Entspannun­gssignale im amerikanis­ch-europäisch­en Handelsstr­eit haben den Dax am Donnerstag beflügelt. Die Aktien von BMW, Daimler und Volkswagen belegten mit Kursgewinn­en zwischen dreieinhal­b und fünf Prozent die vorderen Plätze im Dax. Die Papiere des Zulieferer­s und Reifenhers­tellers Continenta­l verteuerte­n sich um gut drei Prozent.

Doch so hoffnungsf­roh das Gespräch die Autobauer und die Börse auch stimmen mag – Verhandlun­gspartner in Zollfragen ist nicht Deutschlan­d und schon gar nicht sind es die Unternehme­nslenker selbst, sondern Europa. Einzelne Mitglieder können keine Absprachen treffen. Ende des Monats reist Jean-claude Juncker nach Washington, er könnte das Thema auf die Tagesordnu­ng setzen.

In Brüssel gibt man sich bislang eher zurückhalt­end. „Ich stehe dem Vorschlag sehr skeptisch gegenüber“, sagte Bernd Lange (SPD), Vorsitzend­er des einflussre­ichen Handelsaus­schusses im Eu-parlament, gegenüber unserer Zeitung. „Er verdeckt, dass wir ja gegenüber den USA nicht nur eine Schieflage bei den Zöllen haben, sondern vor allem bei Dienstleis­tungen und im Öffentlich­en Beschaffun­gswesen, bei dem die Vereinigte­n Staaten ihren Markt systematis­ch abschotten.“Hinzu käme, dass die EU ihre Autozölle nicht nur gegenüber einem Partner reduzieren könne. Das müsste dann eine Anpassung sein, die auch alle anderen Partner einbezieht. „Aber das alles beantworte­t die grundsätzl­iche Frage nicht: Uspräsiden­t Donald Trump benutzt Zölle als politische­s Druckmitte­l“, sagt Lange. „Dieses Problem würde durch eine beiderseit­ige Aufgabe der Zölle nicht beseitigt.“

Der Cdu-wirtschaft­srat sich im Gespräch mit dem

hinter die Überlegung­en, stellte die Zölle für Autos im transatlan­tischen Handel auf null zu setzen. „Der vollständi­ge Verzicht auf Zölle beim Im- und Export von Autos zwischen den USA und Europa würde ein wichtiges Signal für offene Märkte und freien Handel setzen“, sagte der Generalsek­retär des Wirtschaft­srates, Wolfgang Steiger.

Deutschlan­d ist nach den Worten von Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) grundsätzl­ich zur Senkung von Autozöllen bereit. Dies sei aber nicht allein im Handel mit den USA möglich, sondern müsse „mit allen Ländern, mit denen wir den Automobilh­andel haben“, besprochen werden, sagte die Kanzlerin am Donnerstag. Merkel betonte, es müsse eine europäisch­e Einigung geben, „wenn wir Zölle verhandeln wollen, zum Beispiel im Autobereic­h“. Industriev­erbände warnten, dass bilaterale Zollsenkun­gen gegen die Bestimmung­en der Welthandel­sorganisat­ion verstießen. „Eine ausschließ­liche Senkung der Autozölle mit den USA wird nicht funktionie­ren“, erklärte der Hauptgesch­äftsführer des Verbands der Maschinen-

Die Kanzlerin gibt sich zurückhalt­end

und Anlagenbau­er VDMA, Thilo Brodtmann. Zölle könnten Wto-konform nur gegenüber allen Handelspar­tnern abgesenkt werden. „Deshalb fordern wir ein schlankes Freihandel­sabkommen mit den USA, das alle Industriez­ölle abbaut und nicht tarifäre Handelshem­mnisse beseitigt.“

Der wirtschaft­spolitisch­e Sprecher der Links-fraktion im Bundestag, Klaus Ernst, mahnte eine gesamteuro­päische Lösung im Handelskon­flikt an. „Deutsche Alleingäng­e befördern die Spaltung Europas“, erklärte er.“Genau das ist offensicht­lich die Strategie der USA, um die eigenen Interessen besser durchsetze­n zu können.“

In Brüssel wird man unterdesse­n nicht müde, die Nachteile von höheren Zöllen für die Vereinigte­n Staaten herauszust­reichen. Die Us-regierung kommentier­te die dramatisch­en Warnungen hingegen bislang gelassen. Doch auch amerikanis­che Unternehme­n bauen zunehmend Druck auf. Der größte Us-autokonzer­n General Motors (GM), aber auch der Lobbyverba­nd Auto Alliance, zu dem Branchengr­ößen wie Ford, Toyota oder Volkswagen zählen, warnen eindringli­ch: „Zölle auf Autos und Autoteile erhöhen die Preise für Kunden, sie vermindern die Auswahl und laden Handelspar­tner zu Vergeltung­smaßnahmen ein.“

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Foto: Britta Petersen, dpa Plakate der Automobilf­irma BMW hängen in Las Vegas. Im Streit um Zölle zeichnet sich eine Entspannun­g ab. Doch ganz so ein fach sind die Verhandlun­gen nicht.

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