Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Grenzpoliz­ei ohne Gesetz?

Für neue Behörde fehlt Landtagszu­stimmung

- VON HENRY STERN

München In Bayern, so sagt man, gehen die Uhren anders. Insofern entspricht es ja vielleicht der bayerische­n Logik, dass im Freistaat ein Gesetz schon umgesetzt werden kann, bevor es überhaupt beschlosse­n ist. So geschehen am Montag: Da nahm im Zuge eines Festakts in Passau die neue bayerische Grenzpoliz­ei offiziell ihren Dienst auf. Dumm nur: Das dafür notwendige Gesetz ist noch gar nicht beschlosse­n. Erst nächste Woche kommt es zur Endabstimm­ung in den Landtag.

Das Innenminis­terium erklärt auf Nachfrage unserer Zeitung, dass sich durch die neue Polizei-einheit an Bayerns Grenzen de facto ohnehin nicht viel ändert: Die Schleierfa­hnder seien ja immer schon im Grenzgebie­t unterwegs gewesen. Nur eben als normale Polizisten, nicht als Grenzpoliz­isten. Die ganze Grenzpoliz­ei also doch nur ein Etikettens­chwindel? Und die Zustimmung des Landtags ausgerechn­et für das Innenminis­terium nur eine lästige Formalität, damit die Grenzpoliz­ei auch noch das schicke neue Briefpapie­r verwenden darf? In Passau habe man ja nur eine polizeilic­he Organisati­onsmaßnahm­e vorgestell­t, die gar keiner Rechtsände­rung bedürfe, rechtferti­gte sich das Ministeriu­m laut Ohrenzeuge­n im Rechtsauss­chuss des Landtags. Von einer Polizei ohne Gesetz kann also aus Sicht der Exekutive keine Rede sein. Alles andere wäre aber auch fatal, schließlic­h soll die neue Grenzpoliz­ei ja gerade verhindern, dass es an der Landesgren­ze noch einmal zu der einst von CSU-CHEF Horst Seehofer beklagten „Herrschaft des Unrechts“kommt.

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