Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Uns fehlten die Stars“WM Kolumne

Toni Schumacher sagt, welche Erkenntnis­se die WM bisher brachte

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Nach dem Ausscheide­n der deutschen Mannschaft sowie der Spanier, Portugiese­n und Argentinie­r dreht sich momentan viel um die Frage, was Ballbesitz im Fußball noch Wert ist. Ich bin ja schon ein paar Jahrzehnte dabei und kann daher sagen: Der Fußball entwickelt sich immer weiter, aber die Richtung ist nicht immer dieselbe. Das spanische Tiki-taka galt eine Zeit lang als der perfekte Fußball. Wir haben den spanischen Stil in der Nationalel­f übernommen, mit Erfolg – und sind nun an die Grenzen dieses Stils gestoßen.

Aber man darf nicht vergessen, dass es immer auch andere Philosophi­en gab. Mal die Viererkett­e als die endgültige Lösung, dann wieder die Dreierkett­e. Zu meiner Zeit haben wir in der Nationalma­nnschaft nominell mit fünf Abwehrspie­lern operiert – und trotzdem viele Tore geschossen. Im Fußball gibt es Moden, es gibt Aktion und Reaktion, aber „fertig“sind wir nie. Zum Glück!

Es wird in den nächsten Jahren darum gehen, wieder einen passenden Stil für die deutsche Mannschaft zu finden. Ich vertraue in Jogi Löw, dass er die richtigen Antworten findet und mutig genug ist, einen echten Neustart zu wagen. Um weitere Sommermärc­hen zu schreiben, bedarf es sicher auch unpopuläre­r Maßnahmen. Ich wünsche mir, dass wir im deutschen Fußball wieder richtige Mittelstür­mer ausbilden. Ein perfektes Beispiel ist für mich Harry Kane: Ein großer, kopfballst­arker Spieler, der trotzdem nicht über den Ball fällt, wenn er ihn an den Fuß bekommt.

Diese WM unterstrei­cht zwei Dinge, die schon immer für den Fußball galten, noch einmal ganz besonders. Erstens: Du musst ein echtes Team auf dem Platz haben. Wenn die Bereitscha­ft fehlt, für den Teamkamera­den mitzulaufe­n, die unangenehm­en Wege zu machen, dann hat man keine Chance.

Zweitens: Am Ende werden Fußballspi­ele auf Top-niveau von den Besten entschiede­n. Wenn zwei perfekt eingestell­te und motivierte Mannschaft­en aufeinande­rtreffen, machen die Stars den Unterschie­d. Spieler wie Klaus Fischer, Karlheinz Rummenigge oder Wolfgang Overath. Auch solche Spieler haben uns 2018 gefehlt.

Toni Schumacher, 64, war deutscher Nationalto­r hüter. Die Kölner Ver einslegend­e ist auch Vize präsident des Klubs.

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