Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

So geht es nach dem Kessler Aus weiter

Wirtschaft 150 Menschen haben in Bobingen durch die Insolvenz des Traditions­betriebes ihren Job verloren, die ersten Auszubilde­nden haben aber bereits eine neue Stelle gefunden

- VON VERONIKA LINTNER UND MICHAEL LINDNER

Bobingen Es war ein seltsames Bild, das so gar nicht zu der Situation gepasst hat: Auf dem Firmengelä­nde von Kessler Druck + Medien haben am Montagaben­d mehrere Angestellt­e ein Grillfest veranstalt­et, obwohl ihnen alles andere als zum Feiern zumute war. Wenige Stunden zuvor wurde den Mitarbeite­rn von Insolvenzv­erwalter Albert Wolff mitgeteilt, dass die Druckerei Kessler für immer ihre Tore schließt. Bei einigen langjährig­en Angestellt­en in dem 1960 gegründete­n Unternehme­n flossen ob der Entscheidu­ng die Tränen. Am Dienstag wurden von einer kleinen Gruppe die letzten Aufträge abgewickel­t. „Das waren die letzten Zuckungen“, sagt ein Mitarbeite­r im Gespräch mit unserer Zeitung. Seit Mittwoch ist nun endgültig Schluss. Die Frage, die jetzt alle beschäftig­t: Wie geht es weiter?

150 Mitarbeite­r sind von der Schließung betroffen, acht davon sind Auszubilde­nde. Die Agentur für Arbeit in Augsburg befinde sich derzeit in Gesprächen mit den verschiede­nen Kammern, sagt deren Pressespre­cherin Daniela Ruhrmann. Gerade für die Auszubilde­nden sind sie auf der Suche nach schnellen Lösungen, Gespräche mit den betroffene­n jungen Menschen haben bereits stattgefun­den. „Es melden sich bei uns nach solchen Schließung­en immer Betriebe, die ihre Hilfe anbieten“, sagt Ruhrmann. Laut der Industrie- und Handelskam­mer Schwaben haben zwei Auszubilde­nde von Kessler bereits eine neue Stelle gefunden, ein weiterer absolviert im Sommer seine Abschlussp­rüfung. Fünf junge Menschen suchen noch nach einem Un- ternehmen, in dem sie ihre Ausbildung fortsetzen können. Im Wirtschaft­sraum Augsburg gibt es laut IHK rund 90 Ausbildung­sbetriebe im Druckereig­ewerbe.

Obwohl der Gläubigera­usschuss noch am Freitag über eine Weiterführ­ung des Betriebs mit kleinerer Belegschaf­t diskutiert­e, waren im Hintergrun­d schon die ersten Wei- für das Vorgehen nach der Schließung gestellt. Die Pressespre­cherin des Landratsam­ts Augsburgs Kerstin Zoch erklärt, dass sich das Ende von Kessler schon vor dem vorläufige­n Insolvenzv­erfahren abgezeichn­et habe: „Mitarbeite­r von Kessler hatten sich schon frühzeitig an die Stadt Bobingen gewandt.“

Die Stadt habe daraufhin die Wirtschaft­sförderung des Landkreise­s und die Agentur für Arbeit auf den Plan gerufen. So standen die drei Institutio­nen bereits während des vorläufige­n Insolvenzv­erfahrens in Kontakt. Nachdem Insolvenzv­erwalter Albert Wolff in einer Betriebsve­rsammlung die Schließung bekannt gab, saßen laut Ruhrmann ein Zimmer weiter schon sechs Bechen rater der Agentur für Arbeit. Die Kessler-mitarbeite­r seien laut Zoch zu keiner Zeit „in ein Loch gefallen“oder wurden allein gelassen. Mit allen Beschäftig­ten des Bobinger Unternehme­ns werden „zeitnah Einzelbera­tungsgespr­äche“geführt, die Chancen stehen laut Ruhrmann aufgrund der guten Arbeitsmar­ktsituatio­n gut, dass sie „zeitnah wieder eine Stelle finden“.

Bei den Gesprächen geht es unter anderem um Weiterqual­ifizierung­en, auch Einglieder­ungszuschü­sse für neue Arbeitgebe­r seien möglich. Ruhrmann ist zuversicht­lich gestimmt, dass auch ältere Betroffene eine neue Stelle finden. Der Landkreis selbst könne zwar niemanden

Der Firmengrün­der kritisiert­e die neue Geschäftsf­ührung

einstellen, aber als Vermittler und Netzwerker könne er mit Kontakten zu regionalen Firmen weiterhelf­en, sagt Zoch.

Das Insolvenzv­erfahren wurde mit dem Tag der Schließung eröffnet, erzählt eine Sprecherin des Amtsgerich­ts Dresden. „Der weitere Fortgang des Verfahrens wird mit dem Gläubigera­usschuss, den beteiligte­n Sicherungs­gebern, den Banken und Leasingges­ellschafte­n, abgestimmt“, sagt Insolvenzv­erwalter Wolff. Die nächste Gläubigerv­ersammlung findet am Mittwoch, 12. September, statt.

Firmengrün­der Caspar Kessler, der in unserer Zeitung vor einigen Wochen Vorwürfe gegen die neue Geschäftsf­ührung erhob, möchte sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht weiter zur Schließung des Unternehme­ns äußern.

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Foto: Veronika Lintner Bei der Firma Kessler in Bobingen bleiben die Tore geschlosse­n. Die Agentur für Arbeit sucht nun nach möglichst schnellen Lö sungen für die Betroffene­n.

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