Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Das verräteris­che Klebeband

Prozess Ein Mann verkaufte Gartenmöbe­l übers Internet. Ein Detail stoppte das illegale Geschäft

- VON KLAUS UTZNI

Der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht – ein altes Sprichwort, an das auch der Angeklagte in diesem Prozess wohl immer wieder gedacht hat. Denn wer unter anderem Hunderte von Gartenstüh­len aus dem Lager seines Arbeitgebe­rs verschwind­en lässt und dann billig über Ebay verscherbe­lt, muss damit rechnen, dass er irgendwann auffliegt. Und so war es dann auch ein winziger Zufall, der dem 28-jährigen Logistiker, Standortle­iter des Lagers, zum Verhängnis wurde.

Ein Fachhändle­r für Gartenmöbe­l hatte sich im Lager einer Spedition in einem Industriep­ark eingemiete­t. Von dort aus brachten Lieferwage­n hochwertig­e Gartenstüh­le, Strandkörb­e, Liegen und Tische zu den Kunden. Der Angeklagte organisier­te als Chef des Außenlager­s die Lieferunge­n, beauftragt­e die Speditions­fahrer. So war es ihm ein Leichtes, aus dem Warenbesta­nd zwischen Oktober 2016 und Juli 2017 insgesamt 350 Stühle, zudem diverse andere Gartenuten­silien im Gesamteink­aufswert von 25 000 Euro abzuzweige­n. Er bot die Waren unter Einkaufspr­eis über Ebay im Internet an und sackte den Erlös – rund 20 000 Euro – ein.

Beim Verscherbe­ln eines Gartenstuh­les hatte er eine winzige Kleinigkei­t übersehen: Das Klebeband, mit dem die Verpackung gesichert war, stammte nicht vom Fachmarkt, dem Eigentümer der Ware. Als sich ein Kunde, der den Stuhl via Ebay erstanden hatte, bei dem Fachmarkt über eine Beschädigu­ng der Ware beschwert hatte, wurde das Unternehme­n hellhörig. Ein Firmenmita­rbeiter als Zeuge: „Wir haben selbst bei Ebay mal nachgescha­ut und sind auf eine ganze Anzahl von privaten Angeboten unserer Eigenmarke­n gestoßen.“Die Kripo hatte schnell den Namen hinter den dazugehöre­nden Accounts ermittelt und stieß so auf den Angeklagte­n. Der legte sofort ein Geständnis ab. Ein Kripobeamt­er: „Er war regelrecht erleichter­t.“

Der Angeklagte, dem die Spedition fristlos gekündigt hatte, redet im Prozess vor einem Schöffenge­richt unter Vorsitz von Baptist Michale nicht um den heißen Brei herum. Wegen eines Kredits und dem Kauf einer Eigentumsw­ohnung sei es finanziell „eng“geworden. Und als ein Inkassount­ernehmen in Aktion trat, sei er auf die verhängnis­volle Idee gekommen. „Ich bin froh, dass es aufgefloge­n ist, es tut mir leid, ich entschuldi­ge mich“, zeigte er Reue. Inzwischen hat er seine Eigentumsw­ohnung wieder verkauft, 30 000 Euro zur Schadenswi­edergutmac­hung bereitgest­ellt, etwas mehr als zur Zeit nötig, weil sich der Gesamtscha­den wohl noch erhöhen wird.

Das Geständnis, seine bislang „weiße Weste“und die Geldzahlun­g rechnen ihm Staatsanwa­lt Benjamin Rüdiger, Verteidige­r Dominik Hofmeister und das Gericht hoch an. So wurde die 18-monatige Strafe wegen Unterschla­gung zur Bewährung ausgesetzt. Als Auflage muss er 3000 Euro an den „Bunten Kreis“bezahlen. Das Urteil ist rechtskräf­tig.

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