Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Nachteil Becker?
Insolvenzverfahren Der frühere Tennis-star behauptet, er habe einen Diplomatenpass der Zentralafrikanischen Republik. Dort ist aus der vermeintlichen Posse ein Politikum geworden
Kapstadt Hat Boris Becker nun einen gültigen Diplomatenpass oder nicht? Es ist eine Frage, die seit Wochen die Öffentlichkeit beschäftigt. Nun auch einen Untersuchungsausschuss in der Zentralafrikanischen Republik. Der soll klären, wie der Ex-tennis-star an einen Diplomatenpass des Landes kommen konnte, den jedoch Präsidialamt und Außenministerium übereinstimmend als Fälschung bezeichnen.
Eine andere Wahl als eine eingehende Prüfung bleibt dem Land auch nicht – die Regierung muss sich schließlich beim Werben um neue Kredite von Weltbank und Internationalem Währungsfonds als seriöser Ansprechpartner präsentieren. Damit ist aus einer vermeintlichen Posse ein Politikum geworden. In Bangui will man zu Beckers Diplomatenpass daher auch nur noch das Nötigste sagen. Das Schlimme der Affäre sei, dass sie die Regierung von wichtigeren Themen ablenke, erklärt Außenminister Charles-armel Doubane. Er weist darauf hin, dass es vor ein paar Tagen 19 Tote bei Kämpfen rivalisierender Milizen im Norden des Landes gab.
Becker selbst sagte, er sei im April von Präsident Touadéra zum Attaché für Sport, Kultur und humanitäre Angelegenheiten ernannt worden. Und es sei „richtig, dass mein Diplomatenstatus einige Privilegien beinhaltet, zum Beispiel Immunität bei besonderen Fällen“. Becker war im Juni 2017 von einem Londoner Gericht für zahlungsunfähig erklärt worden – mit seinem Diplomatenstatus wollte er das Insolvenzverfahren beenden.
Die Zentralafrikanische Republik hat dabei nicht erst seit diesem Fall einen zweifelhaften Ruf bei der Ausstellung offizieller Dokumente. Im Jahr 2013 wurde zum Beispiel die Frau eines kasachischen Milliardärs mit einem gefälschten Diplomatenpass aus der Zentralafrikanischen Republik in Italien verhaftet, berichtete das Magazin
Interessant auch: Der dänische Filmemacher Mads Brügger suchte für seine Dokumentation „The Ambassador“(Der Botschafter) im Jahr 2010 mit einem gekauften liberianischen Diplomatenpass nach Diamanten. Wo? In der Zentralafrikanischen Republik.
Frühere Skandale konnten dort nicht zuletzt wegen des Bürgerkrieges zwischen 2012 und 2014 nie ganz aufgeklärt werden. Und obwohl die Verhältnisse inzwischen ein wenig geordneter erscheinen und bisher kein derartiger Skandal in die Amtszeit des seit gut zwei Jahren amtierenden Präsidenten Touadéra gefallen ist – ob der Beckeruntersuchungsausschuss zu Ergebnissen führen wird, steht nicht fest.
In diplomatischen Kreisen jedenan falls wird die vermeintliche Posse um den Diplomatenpass des dreimaligen Wimbledon-siegers Becker mit wenig Begeisterung beobachtet, schließlich ist sie für das Ansehen des Diplomaten-berufes alles andere als förderlich. Zuletzt versuchten kleine Länder, die für Unregelmäßigkeiten bei der Ausstellung von Dokumenten bekannt waren, entschlossenes Handeln zu zeigen. Im Dezember 2017 annullierte etwa der Inselstaat Komoren auf einen Schlag 158 diplomatische Pässe.
Becker bemüht sich derweil nicht gerade mit Nachdruck um die Veröffentlichung von Belegen für seine Behauptung, die Aufregung sei auf „innenpolitische Auseinandersetzungen“zurückzuführen. Dies ist angesichts der übereinstimmenden Aussagen der beteiligten Regierungsmitglieder, bei seinem Diplomatenpass handele sich um eine Fälschung, auch schwer nachzuvollziehen. Beckers Verfahren läuft.