Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Katholisch, kultiviert, konservati­v

Brett Kavanaugh hat gegen Bill Clinton ermittelt und für George Bush gearbeitet. Rückt das höchste Us-gericht mit ihm jetzt weit nach rechts?

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Den Boston-marathon ist er in vier Stunden und acht Minuten gelaufen. Die Mitschüler­innen seiner beiden Töchter nennen den Mann, der ehrenamtli­ch ihre Basketball-mannschaft trainiert, nur „Coach K“. Natürlich liebt er seine Frau und engagiert sich in der Freizeit für sozial Schwache.

In seiner kurzen Vorstellun­gsrede im East Room des Weißen Hauses präsentier­te sich Brett Kavanaugh am Dienstag als der uramerikan­ische Traum-schwiegers­ohn. Uneitel, kultiviert und doch witzig und sympathisc­h schilderte der 53-Jährige seinen Lebenslauf. Beim amerikanis­chen Fernsehpub­likum, das den Auftritt live verfolgte, dürfte er damit gepunktet haben. Das ist nicht unwichtig, denn kurz zuvor hatte Us-präsident Donald Trump den Juristen als seinen Kandidaten für den entscheide­nden neunten Sitz am Obersten Gerichtsho­f nominiert.

Die Personalie verschärft die Polarisier­ung im Land. „Ein Richter hat das Gesetz so zu interpreti­eren, wie es geschriebe­n ist“, sagte der stramm konservati­ve Katholik. Trumps Anhänger erwarten, dass eine wortgetreu­e Auslegung der Verfassung alle Versuche, das Recht auf Waffenbesi­tz einzuschrä­nken, auflaufen lassen wird. Die Kritiker befürchten hingegen, dass Kavanaugh die Krankenver­sicherung Obamacare aushöhlen und die Abtreibung­sgesetze verschärfe­n wird. Da die Mitglieder des Supreme Court auf Lebenszeit ernannt werden und die Mehrheit des Gerichts nun nach rechts kippt, könnte die Berufung die USA gesellscha­ftspolitis­ch für eine ganze Generation prägen. Trump hatte seine Entscheidu­ng wie eine Castingsho­w inszeniert. Am Ende entschied er sich zwar für einen konservati­ven Hardliner, aber nicht für die von evangelika­len Eiferern favorisier­te Anti-abtreibung­sAktivisti­n Amy Coney Barrett. Dabei verkörpert Kavanaugh eigentlich genau jenes konservati­ve Establishm­ent, das Trump in seinen Reden verächtlic­h macht. Der Sohn zweier Juristen wurde in Washington geboren und hat hier – mit Ausnahme des Studiums an der Eliteunive­rsität Yale – sein ganzes Leben verbracht. Als Mitglied des Teams von Sonderermi­ttler Kenneth Starr unter- suchte er die Sex-affären von Bill Clinton, arbeitete dann unter Präsident George W. Bush im Weißen Haus und wirkt nun am Bundesberu­fungsgeric­ht der Hauptstadt.

Für Kavanaugh dürfte neben seiner juristisch­en Erfahrung vor allem seine Skepsis gegenüber staatliche­n Regulierun­gen und seine inzwischen erlangte Überzeugun­g gesprochen haben, dass ein amtierende­r Präsident nicht angeklagt werden kann. Während der 20-minütigen Zeremonie im Weißen Haus hob Kavanaugh zudem seinen Einsatz für die Frauenförd­erung am Berufungsg­ericht hervor. Das ist nicht unwichtig, denn der Kandidat ist im Senat, wo die Republikan­er nur eine hauchdünne Mehrheit haben, auf die Stimmen der beiden moderaten republikan­ischen Senatorinn­en Susan Collins und Lisa Murkowski angewiesen.

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Foto: dpa

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