Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Diese Rocker waren eine Gefahr für die Allgemeinh­eit

Sicherheit Warum Bundesinne­nminister Seehofer den „Osmanen Germania BC“verbietet. Razzia auch im Kreis Günzburg

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Berlin/günzburg Ihre Kutten sehen denen der „Hells Angels“ähnlich. Im Internet posiert die Rockergrup­pe „Osmanen Germania BC“martialisc­h, muskelbepa­ckt und schwer bewaffnet. Sie präsentier­t sich als türkische Antwort auf die „Hells Angels“. Nur mit dem Motorradfa­hren hat man es nicht so: Offiziell gibt man sich als Boxklub aus.

So schnell wie der Klub wuchs, so schnell wuchs auch die Zahl der Straftaten, die auf das Konto seiner Mitglieder gehen sollen. Am Dienstag zog Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) die Notbremse und sprach ein bundesweit­es Verbot der Rockergrup­pe aus. „Wer den Rechtsstaa­t ablehnt, kann von uns keine Nachsicht erwarten“, sagte Seehofer. Von dem Rockerklub gehe eine Gefahr für die Allgemeinh­eit aus. Er sei durch gewalttäti­ge Gebiets- und Machtkämpf­e aufgefalle­n, so die Bundesregi­erung.

Mit Razzien in Rheinland-pfalz, Baden-württember­g, Bayern und Hessen wurde das Verbot am Dienstag durchgeset­zt und Vereinsver­mögen beschlagna­hmt. In Nordrhein-westfalen, einer Hochburg der Osmanen-rocker, wurden lediglich Verbotsver­fügungen und Sicherstel­lungsbesch­lüsse überreicht.

Eine Durchsuchu­ng gab es im Kreis Günzburg, wo nach Angaben des bayerische­n Innenminis­teriums der Präsident des für Bayern zuständige­n Chapters der Rockergrup­pe lebt. Zu Festnahmen kam es nicht. Laut Polizei wurden weder Drogen noch Waffen gefunden. Es seien aber Handys und Computer und „eine geringe Anzahl von Vereinsemb­lemen“sichergest­ellt worden.

2014 oder spätestens 2015 wurde der „Osmanen Germania BC“in Hessen gegründet und galt zeitweise als am schnellste­n wachsende Rockergang in Deutschlan­d. Zuletzt wurden 16 Chapter mit mindestens 300 Osmanen-rockern bundesweit gezählt. „Osmanen Germania“nimmt im Namen Bezug auf eine einstige Dynastie, benannt nach dem türkischen Fürsten Osman, der um 1300 in Anatolien herrschte.

Bereits im März war die Polizei gegen die Gruppe massiv vorgegange­n. Mehr als 1000 Polizisten waren in Nordrhein-westfalen, BadenWürtt­emberg und Hessen im Einsatz. Sie durchsucht­en knapp 60 Objekte und stellten Beweismate­rial sowie Waffen und Drogen sicher. Die dabei gesammelte­n Beweise hätten dazu gedient, das nun ausgesproc­hene Verbot rechtlich zu unterfütte­rn, heißt es nun aus dem Bundesinne­nministeri­um.

Nach Einschätzu­ng mehrerer Bundesländ­er stehen die Rocker der türkischen Regierungs­partei AKP von Staatspräs­identen Recep Tayyip Erdogan nahe. Medienberi­chten zufolge sollen sie aus politische­n Kreisen der Türkei auch finanziell unterstütz­t worden sein. Zudem trat die Rockergrup­pe bei regierungs­nahen türkischen Organisati­onen in Deutschlan­d als Veranstalt­ungsschutz auf. In Stuttgart läuft seit März ein Prozess gegen acht mutmaßlich­e Mitglieder, darunter drei, die zur höchsten Führungseb­ene gerechnet werden. Ihnen wird unter anderem versuchter Mord, Erpressung, Drogenhand­el, Zwangspros­titution, Freiheitsb­eraubung und Zuhälterei vorgeworfe­n.

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