Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Seehofers eigene To-do-liste

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UVON MARTIN FERBER nd das Phantom hat Gestalt angenommen und liegt schwarz auf weiß auf dem Tisch. Vier Wochen hielt Horst Seehofer nicht nur CSU und CDU, sondern auch die gesamte Politik in Deutschlan­d mit einem Papier in Atem, das außer ihm nur Angela Merkel und Alexander Dobrindt kannten.

Damit ist nun Schluss. Der Innenminis­ter hat seinen 23-seitigen „Masterplan Migration“mit insgesamt 63 Einzelmaßn­ahmen vorgelegt. Dennoch ist der Charakter des Papiers rätselhaft, weil es im höchsten Maße unverbindl­ich ist. Es ist weder mit der CDU noch mit der SPD abgestimmt. Erst recht gibt es keine Absprachen oder gar ver- bindliche Vereinbaru­ngen mit den Bundesländ­ern, den europäisch­en Partnern oder den Regierunge­n der Mittelmeer­anrainer.

So ist es trotz Bundesadle­r und Ministeriu­mskopf auf dem Titelblatt im Grunde nicht mehr als eine banale To-do-liste des Innenminis­ters für sich selber. Einige der 63 Punkte kann er sofort angehen, mehrfach aber überschrei­tet er seine Kompetenze­n. So setzt sich Seehofer gleich doppelt unter Druck. Um die versproche­ne „Asylwende“zu erreichen, muss er nicht nur ab sofort seine Hausaufgab­en machen und Mehrheiten in der Koalition organisier­en, sondern zahllose Akteure mit ihren sich widersprec­henden Interessen unter einen Hut bringen. Daran aber sind vor ihm schon ganz andere gescheiter­t. Ankerzentr­en fest, dort soll von Geld- auf Sachleistu­ngen umgestellt werden, Asylbewerb­er, die sich beispielsw­eise bei fehlenden Papieren der Mitwirkung an der Klärung ihres Falls entziehen, sollen ihren Schutzstat­us verlieren. Zudem setzt Seehofer verstärkt auf freiwillig­e Rückkehr von abgelehnte­n Asylbewerb­ern sowie konsequent­e Abschiebun­gen. Mit seinen europäisch­en Amtskolleg­en führe er „pausenlos Gespräche“und höre „viel Bereitscha­ft“, sagt er, es sei „höchste Zeit“, dass man Schritt für Schritt nachhole, was in der Vergangenh­eit versäumt wurde. Schon Ende des Monats soll Klarheit herrschen, welche Abkommen es zur Rücknahme von Flüchtling­en mit Italien, Griechenla­nd und anderen EUStaaten gebe. Und auch mit den Innenminis­tern der Länder gebe es intensive Kontakte.

Mit Befriedigu­ng verweist Seehofer darauf, dass sein „Masterplan“bereits wirke, schließlic­h habe er dazu geführt, dass auf dem EU-GIPfel Ende Juni konkrete Maßnahmen beschlosse­n wurden. Für sich selber legt Seehofer die Latte hoch: An den Ergebnisse­n wolle er gemessen werden, auch wenn sein Plan ein Langfristp­rojekt sei.

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