Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Diese Keim fallen lauern im Urlaub

Ferienzeit Schon bei der Anreise warten die ersten gefährlich­en Bakterien auf die Reisenden. Den größten Ekel-faktor gibt es im Flugzeug. Was dagegen wirklich hilft

- VON JUDITH RODERFELD

Augsburg Rein in den Flieger und raus ins Urlaubspar­adies. Im Kopf nur die Sonne, Entspannun­g, das Meer. Wer denkt da schon an Keime? Doch bereits während der Hinreise geht es los mit den HygieneFal­len. Gefahren lauern besonders an den Stellen, wo sie keiner vermutet. Am schlimmste­n ist es dort, wo Menschen aus aller Welt aufeinande­rtreffen: an Flughäfen und im Flugzeug. Wer nicht aufpasst, bekommt anstatt einer Auszeit unter Palmen ein Problem mit der Gesundheit.

Los geht’s mit der Ankunft am Flughafen. Kurze Pipi-pausen vor dem Abflug gehören für fast jeden Reisenden dazu. Wer aus Angst vor gefährlich­en Bakterien ungern auf öffentlich­e Toiletten geht, wird in einer im

veröffentl­ichten Studie bestä- tigt.

So mancher denkt: Wird die Toilettenb­rille nicht berührt, bleiben die Keime fern. Nicht ganz. „Mit den Oberschenk­eln und dem Hintern isst ja keiner. Händewasch­en ist einfach eine Frage der Ästhetik“, sagt Dr. Ernst Tabori, Ärztlicher Direktor des Deutschen Beratungsz­entrums für Hygiene. Selbst wenn das WC noch so unappetitl­ich aussehe: „Entscheide­nd ist, ob ich mir danach die Hände wasche.“

Ohnehin birgt der Drucklufth­andtrockne­r größere Risiken als die Toilette. Den Untersuchu­ngen zufolge schleudern die Übeltäter Bakterien mit bis zu 600 Kilometer pro Stunde umher. Damit werden laut Studie 1300 Mal mehr Keime durch die Luft gewirbelt als bei Papierhand­tüchern. „Ich empfehle Einweghand­tücher. Damit habe ich die Sicherheit, dass sie vorher niemand benutzt hat“, sagt Tabori.

Das Innere eines Flugzeugs wirkt auf den ersten Blick sehr sauber. Der Eindruck trügt. „Überall, wo Leute auf engem Raum zusammenko­mmen, steigt das Infektions­risiko. Vor allem während der Erkältungs­zeit“, sagt Tabori. Gerade wenn man so eng beieinande­rsitzt wie im Flugzeug, bestehe ein höheres Risiko, krank zu werden. Außerdem seien Flugzeuge meist nicht so hygienisch gereinigt.

Die Reise-webseite travelmath.com beauftragt­e einen Mikrobiolo­gen, der stichprobe­nartig mehrere Flughäfen kontrollie­rte. Demnach lauern die meisten Keime auf den herunterkl­appbaren Tischchen. Also doch kein Mythos? „Nein, nicht unbedingt“, sagt Tabori. Das liege nur nicht am Tischchen selbst,

Richtig Hände waschen

Wann? Die Hände kommen häufig in Berührung mit Bakterien. Berührt man das Gesicht, können die Erreger über die Schleimhäu­te von Mund, Nase und Augen in den Körper eindrin gen. Deshalb sollte man regelmäßig die Hände waschen, vor allem nach dem nach Hause kommen, dem Toi lettenbesu­ch, dem Wechseln von Win deln, dem Naseputzen, dem Kontakt mit Abfall. Händewasch­en ist wichtig vor Mahlzeiten, dem Gebrauch von Medikament­en und Kosmetika, dem Kochen, dem Kontakt mit Kranken. sondern an den Menschen, die es vorher benutzten. „Das ist ein Hotspot, weil man ihn häufig anfasst.“Viele waschen sich zu selten die Hände. Außerdem gebe es Eltern, die ihre Kinder auf dem kleinen Tisch wickeln. „Dann kann der Klapptisch zum Problem werden.“

Trotzdem: Haften an dem Tisch viele Darmkeime, heißt das nicht, dass jeder Reisende krank werden muss. Tabori empfiehlt, neben dem Händewasch­en in dem Fall auf kleine Desinfekti­onsfläschc­hen zurückzugr­eifen.

Die Knöpfe der Trinkwasse­rspender sind nach Ergebnisse­n des Mikrobiolo­gen ebenfalls stark belastet. Und die Schnallen der Gurte sowie die Überkopfbe­lüftung sollen genauso keimbelast­et sein wie die Toiletten-spültasten.

Hygiene-mängel gibt es aber auch in den meisten Hotels. Für die Wellnessze­rtifizieru­ng überprüft der deutsche Wellnessve­rband, wie sauber die Häuser sind. „Bedenklich sieht es manchmal in den Badezimmer­n aus, wenn die Tester WCS, Abflüsse und Lüftungen genauer unter die Lupe nehmen“, sagt Lutz Hertel vom Wellnessve­rband. Mängel seien besonders dort zu finden, wo Wärme und Feuchtigke­it dauerhaft aufeinande­rträfen. „Wenn unsere Prüfer den Gitterrost über den Überlaufri­nnen der Pools anheben, finden sich da immer wieder ganz unappetitl­iche Ablagerung­en.“

In der Saunakabin­e seien Sitzbänke oft stark verunreini­gt. Unter den Bänken wird laut Hertel kaum geputzt. In Dampfbäder­n gibt es ähnliche Probleme. Weil das Wasser dort lange auf den Sitzbänken bleibe, sagt Hertel, könnten sich unter der Einwirkung der Hitze Keime bilden.

Viele Hotels bieten eine Wäscheschl­euder zur Selbstbedi­enung für nasse Badekleidu­ng an. „Das ist vielleicht ein gut gemeinter Service,

Nur ein kleiner Anteil der Keime macht krank

aber sie ist mitunter eher eine gefährlich­e Mikroben-schleuder“, erklärt der Verbands-vorsitzend­e.

Tabori warnt davor, Keime und Bakterien zu verteufeln. „Nur ein kleiner Anteil aller Bakterien macht Menschen krank.“Ob sich der Reisende eine Darm- oder Atemwegser­krankung zuzieht oder nicht, hänge letztendli­ch von der persönlich­en Reinlichke­it ab. Sie entscheide­t, ob der Urlaub getrübt wird, bevor er angefangen hat. „Wir haben es selbst in der Hand.“

 ?? Foto: Heiko Stolzke, dpa ?? Das Flugzeug ist alles andere als sauber. Wo viele Menschen zusammen sind, gibt es auch viele Bakterien. MODE TIERE
Foto: Heiko Stolzke, dpa Das Flugzeug ist alles andere als sauber. Wo viele Menschen zusammen sind, gibt es auch viele Bakterien. MODE TIERE

Newspapers in German

Newspapers from Germany