Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

So viel Bundesliga steckt in Kroatien

Halbfinale Sie sind in Deutschlan­d aufgewachs­en oder spielen hier in der ersten Liga. Ein wenig immerhin dürfen sich auch die Deutschen als Gewinner dieser WM fühlen

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Moskau Mario Mandzukic könnte geschmunze­lt haben, als er die Plakate am Straßenran­d von Moskau gesehen hat mit dem Schriftzug „Welcome Germany“und dem Foto eines lächelnden Julian Draxler. Deutschlan­d ist längst draußen bei der WM – aber die Bundesliga mit Kroatien noch ganz stark vertreten. „Das ist schon ein anderes Gefühl als in der Champions League mit dem FC Bayern“, sagt der frühere Münchner Torjäger Mandzukic vor dem Halbfinale an diesem Mittwoch (20 Uhr, und im Luschniki-stadion gegen England. „Es ist einfach etwas ganz Besonderes mit dem Nationalte­am nach all diesen Jahren“, sagt Mandzukic mit Blick auf den dritten Platz der Generation um den damaligen Torjäger und heutigen Verbandsbo­ss Davor Suker 1998 in Frankreich.

Mandzukic kam im Bosnienkri­eg wie viele als Flüchtling­skind nach Deutschlan­d und kickte vier Jahre lang im schwäbisch­en Ditzingen. Auf den Straßen in Stuttgart, München und in anderen Städten haben Fans in den rot-weißen Karo-shirts zu Tausenden die bisherigen Erfolge ihrer Helden gefeiert und hoffen nun auf den ersten Wm-titel ihres Landes. Laut aktuellste­n Zahlen des Statistisc­hen Bundesamte­s leben hierzuland­e 441 000 Kroaten mit Migrations­hintergrun­d. „Wir können uns vorstellen, was in Europa los ist. Es gibt ja auch viele Kroaten in Deutschlan­d. Es ist toll, Nachrichte­n aus aller Welt zu bekommen“, sagt Hoffenheim­s kroatische­r Angreifer Andrej Kramaric. Abwehrspie­ler Dejan Lovren kam mit drei nach München, lebte dort sieben Jahre. Der Profi des FC Liverpool spielte nie in Deutschlan­d, spricht aber fließend Deutsch. „Ich hatte Glück mit Deutschlan­d. Wenn sie uns dort nicht aufgenomme­n hätten, weiß ich nicht, wo wir hätten hingehen können“, erzählte er mal. „Meine Mutter sagt immer: Deutschlan­d ist unsere zweite Heimat – und das stimmt.“Mit sechs oder sieben sei er immer zum Training des FC Bayern gegangen. „Ich habe mit den Superstars von damals Fotos gemacht – mit Bixente Lizarazu und Lothar Matthäus.“

Gleich sechs ehemalige und vier aktuelle Bundesliga-spieler stehen im Team von Trainer Zlatko Dalic: neben Kramaric noch die große Offensiv-entdeckung Ante Rebic von Eintracht Frankfurt sowie Tin Jedvaj von Bayer Leverkusen und Marko Pjaca vom FC Schalke 04. Vedran Corluka, heute Lokomotive Moskau, und Domagoj Vida von Besiktas Istanbul absolviert­en einst eine halbe beziehungs­weise ganze Saison bei Bayer Leverkusen, schafften aber nie den Durchbruch. Milan Badelj stand von 2012 bis 2014 beim Hamburger SV unter Vertrag und kickt seitdem für den AC Florenz.

Bundesliga-experten noch bestens bekannt ist Ivan Perisic von Inter Mailand: Mit Borussia Dortmund war er 2012 deutscher Meister und Dfb-pokalsiege­r, drei Jahre später holte er den Cup auch mit dem VFL Wolfsburg. Der in der Schweiz geborene Ivan Rakitic nutzte einst Schalke als Sprungbret­t und ist heute Mittelfeld-star beim FC Barcelona. Mandzukic war zwei Jahre lang beim FC Bayern und VFL Wolfsburg und will gegen England „den letzten Tropfen Schweiß“auf dem Platz lassen, wie der Angreifer von Juventus Turin betont.

Ivica Olic wird wieder auf der Bank schwitzen: Der 38-Jährige, der einst beim Hamburger SV, FC Bayern und VFL Wolfsburg spielte, ist jetzt Assistent von Dalic. „Er hat als Spieler fast alles erlebt und sein Kämpfergei­st, sein Optimismus und seine positive Art sind für uns sehr nützlich“, sagt der Trainer. Olic hatte im vergangene­n Jahr – wie einst der 98er-torjäger Suker – seine Karriere bei 1860 München beendet. Zuschauen muss er noch lernen. Nach dem Elfmetersc­hießen im Achtelfina­le gegen Dänemark und im Viertelfin­ale gegen Russland war er fix und fertig. „Furchtbar, ich konnte da nicht hinschauen.“(

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Foto: Christian Charisius, dpa Andrej Kramaric jubelt über sein Tor zum 1:1 beim Viertelfin­alspiel gegen Gastgeber Russland. Der Kroate spielt für Hoffenheim in der Bundesliga – so wie viele seiner Mannschaft­skollegen.

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