Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Schwarze Familiensa­ga

Klassiker von Baldwin neu übersetzt

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James Baldwins „Von dieser Welt“ist eine Familienge­schichte, die für viele andere in den 1930er Jahren stehen könnte. Der schwarze Schriftste­ller, der als einer der wichtigste­n amerikanis­chen Autoren des 20. Jahrhunder­ts gilt, erzählt in dem halb autobiogra­fischen Roman die Geschichte des jungen John Grime, der in die Fußstapfen seines Stiefvater­s Gabriel als Laienpredi­ger treten soll. Baldwin bettet diese Geschichte in die Gebetsvers­ammlung in einer Hinterzimm­erkirche in Harlem ein, wo der 14-jährige John sein Erweckungs­erlebnis erfahren soll. Zwischen dem Beginn der Andacht und Johns Kniefall schildert Baldwin in drei Kapiteln das Leben von Johns Stiefvater, seiner Tante Florence und seiner Mutter.

Baldwins Stil erinnert an die ekstatisch­en Erweckungs­versammlun­gen in evangelika­len Kirchen. Die Leser werden buchstäbli­ch hineingeso­gen in die Litanei der frommen Versammlun­g. Der zweite Schwerpunk­t des Romans ist die rassistisc­he Gesellscha­ft zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts, eine Welt voller Hass, den auch der Stiefvater schon zu spüren bekam. Anders als er wird Johns leiblicher Vater Richard ein Opfer dieses Hasses. Wer denkt da nicht an all die Berichte von Polizeigew­alt gegen Schwarze in den USA? 65 Jahre alt ist dieser außergewöh­nliche Roman und heute aktuell wie damals – auch dank der gelungenen Neuüberset­zung von Miriam Mandelkow.

Neu übersetzt von Miriam Mandel kow. dtv, 316 S., 22 ¤

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James Baldwin: Von dieser Welt.

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