Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Schulen und Kitas bieten zu wenig Bio essen
Gesellschaft 2007 fiel der Startschuss für die „Biostadt Augsburg“: In Kindertagesstätten und Schulen soll das Essen 30 Prozent Bio-anteil haben. Elf Jahre später folgt eine ernüchternde Bilanz und eine emotionale Aussprache
Beim Thema Essen gibt es keinen Königsweg: Die einen mögen Salat und Gemüse, andere wollen Fleisch essen, die nächsten essen kein Fleisch, wollen aber nicht nur mit Kässpätzle, Pommes oder Nudeln mit Tomatensoße abgespeist werden. Den einen ist bio wichtig, anderen ist das schlicht egal. Einen gemeinsamen Nenner zu finden, ist oft schwierig. Einen gemeinsamen Weg hat die Stadt aber eingeschlagen: 2007 hat der Stadtrat einen Grundsatzbeschluss gefasst. Es war das Aufbruchsignal zur „Biostadt Augsburg“. Es wurde beschlossen, dass in städtischen Einrichtungen, wie in Kindertagesstätten und Schulen der Anteil der Bio-lebensmitteln auf 30 Prozent ausgeweitet und verstärkt saisonale und regionale Lebensmittel verwendet werden sollen.
Heute, elf Jahre später, gab es eine ernüchternde Zwischenbilanz in der Sitzung vom Allgemeinen Ausschuss, Ausschuss für öffentli- che Ordnung und Gesundheit und vom Bildungsausschuss. Von dem angepeilten Ziel ist die Stadt weit entfernt. Alexandra Wagner vom Gesundheitsamt stellte den Stadträten den Sachstand dar. Der GesamtBio-anteil aller städtischen Kitas erhöhte sich von zehn Prozent im Jahr 2015 auf 18,5 Prozent in 2017. Bei der Schulverpflegung kommt der Bio-anteil der Lebensmittel auf gerade einmal vier Prozent. Warum sich der Bio-anteil in Augsburg nicht so recht etablieren mag, dafür hatte Alexandra Wagner gleich mehrere Gründe parat. So sei zum einen Bio-essen bislang gar kein Ausschreibungskriterium. Bei den Schulen stünde es zudem noch nicht auf der Tagesordnung. „Dort wird es oft als nichts Notwendiges angesehen. Außerdem gibt es Unsicherheiten. Viele Einrichtungen haben Angst, dass es viel zu teuer ist.“
Dem Glauben widerspricht die Stadtratsfraktion der Grünen. Sie kritisiert, dass das Ziel von 30 Prozent in weiter Ferne liegt, obwohl Essen mit Bio-lebensmitteln eben nicht teurer sei. „Hier müssen wir nun in Augsburg dringend Maßnahmen zur Verbesserung ergreifen und endlich das tun, was München und Nürnberg bei der Verpflegung ihrer Kitas und Schulen seit Jahren machen“, sagt Fraktionsvorsitzende Martina Wild. So werde die Münchner Zielvorgabe – 50 Prozent BioAnteil bei der Schulverpflegung – durch Ausschreibungen und Vertragsstrafen erreicht. Christiane Klimsa vom Münchner Referat für Bildung und Sport stellte den Stadträten vor, wie München ihren Anteil erreicht: unter anderem durch die Unterstützung von einer Vielzahl von Ökotrophologen, Haushaltsund Ernährungswissenschaftlern.
Klimsa berichtete von Schulungen und Workshops und von ihrem Kontakt zu Schulleitern und Lehrern. Sie dürften mit dieser Aufgabe nicht allein gelassen werden. In München sollen an allen Schulen Essensgremien gegründet werden, die aus Mitgliedern aus Rektorat, Leh- rer-, Eltern- und Schülervertretung sowie den Verpflegungsanbietern bestehen. „Wir wollen eine Brücke bauen und setzen auf Druck von oben und Erkenntnis von unten“, erklärt sie. Das verlaufe in München auch nicht reibungsfrei. Doch inzwischen habe sich die Akzeptanz von Bio-produkten erhöht.
Im Augsburger Gremium gingen die Ansichten zum Thema Bio-essen an Schulen weit auseinander. Die Grünen unterstützten die vom Gesundheitsamt vorgeschlagenen Maßnahmen wie Fortbildungen und Beratungen für Schulen sowie Betriebscoaching für Cateringunternehmen zur Bio-einführung. Martina Wild: „Wir beantragen, dass in Augsburg das Münchner Modell umgesetzt wird.“Beate SchabertZeidler (Pro Augsburg) konnte diesem Modell wenig abgewinnen: „Da machen sich die Eltern riesig Gedanken, die Schule auch und am Ende essen die Kinder das Essen nicht. So ist es doch.“Bildungsreferent Hermann Köhler (CSU) machte sich für die Augsburger Schulen stark: „Die Schulen sollen mal wieder alles richten. Und jetzt tut man so, als ob die Schulen hier nichts tun. Die Stadt steht den Schulen bei der Auswahl der Caterer beratend zur Seite. Diese Vielzahl von Ökotrophologen haben wir dafür natürlich nicht.“Eine zentrale Ausschreibung der Verpflegungsanbieter wie in München halte er nicht für erstrebenswert. Csu-stadtrat Peter Uhl fragte sich, wie man auf solch hohe Prozentzahlen kommen will: „Der Gesamtanteil der ökologischen Produktion in der Landwirtschaft liegt in Deutschland zwischen 7,5 und 8 Prozent. Wie will man da ernsthaft beim Bio-essen auf einen Anteil von 30, 40 oder 50 Prozent kommen?“. Regina Stuber-schneider (Freie Wähler) findet, dass Eltern nicht „ganz aus der Verantwortung rausgenommen werden dürfen“. Nach einer längeren Diskussion bekräftigte der Ausschuss aber, dass das vorgegebene Ziel von 30 Prozent erreicht werden soll.