Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Prügelei um Trinkgeld
Justiz Zwei Helfer einer Entsorgungsfirma schlugen sich während der Fahrt in einem Kleinlaster. Am Ende steht ein Freispruch
Wird man freundlich bedient – dann gibt man gerne ein Trinkgeld. Doch wem steht der Extra-obolus zu? Da gibt es oft Streit. Der mündete im Fall zweier Helfer eines Entsorgungsunternehmens in einer Prügelei und vor Gericht.
Der Angeklagte, 28, hatte im Juni 2017 zusammen mit einem 48-Jährigen Blumentöpfe bei zwei Frauen abgeholt. Der Ältere leistete zu dieser Zeit Sozialstunden ab, die ihm ein Gericht aufgebrummt hatte. Beide erhielten, so bestätigten die Frauen später, insgesamt zehn Euro Trinkgeld. Das steckte der Angeklagte zunächst ein. „Ich hab ihm dann fünf Euro im Büro gegeben. Dann mussten wir Sperrmüll zur Abfallanlage fahren. Er forderte jetzt weitere fünf Euro, behauptete, wir hätten 20 Euro Trinkgeld bekommen“, schilderte der 28-Jährige (Verteidiger: Moritz Bode). Dann soll es während der Fahrt zu einer Prügelei gekommen sein. Die setzte sich später im Büro der Firma fort. Wie üblich in solchen Fällen gibt es zwei unterschiedliche Versionen. Der Angeklagte behauptet, er sei von dem 48-Jährigen, der den Transporter lenkte, zuerst mit der Faust angegriffen worden.
Der Ältere erzählt – als Zeuge – eine dramatisch klingende Geschichte. Danach sei er von dem Angeklagten während der Fahrt derart traktiert worden, dass er vom Fahrersitz rutschte, sich den rechten Fuß unter dem Gaspedal einklemm- te und vor einer roten Ampel im letzten Moment noch die Handbremse ziehen konnte. „Sonst hätte es einen Unfall gegeben.“Später im Büro sei er von dem Angeklagten geschubst worden. „Ich stürzte rückwärts in die Besenkammer in einen Haufen Flaschen.“
Dass er dann mit Flaschen und Dosen um sich geworfen habe, mit dem Fuß gegen eine Türe trat, wie eine Büroangestellte als neutrale Zeugin berichtete, das bestritt er weitgehend. Letztendlich beschei- nigte ihm ein Arzt einen gebrochenen Zeh und diverse Prellungen. Als Urheber der Verletzungen sah die Staatsanwaltschaft zunächst eindeutig den Angeklagten. Am Ende der Beweisaufnahme herrschten Zweifel. So beantragten Staatsanwalt Andreas Kraus und Verteidiger Bode einen Freispruch. Dem kam Strafrichterin Susanne Scheiwiller nach. „Das Geschehen ist so verworren, dass es nicht mehr geklärt werden kann“, begründete sie den Freispruch auf Kosten der Staatskasse.