Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Neuer Vorstoß für Fahrradsteg über den Lech
Verkehr Augsburg denkt wieder über eine Verbindung zwischen Haunstetten und Kissing nach. Er könnte für München-pendler interessant sein. Ein erster Anlauf blieb ohne Erfolg und auch jetzt ist der Ausgang offen
Acht Jahre, nachdem der Augsburger Stadtrat einen neuen Steg über den Lech zwischen Kissing (Kreis Aichach-friedberg) und Haunstetten bis auf Weiteres zu den Akten gelegt hat, kommt das Thema wieder auf die Tagesordnung. Eine solche Verbindung würde den für München-pendler attraktiven Kissinger Bahnhof für Radler aus dem Augsburger Süden besser zugänglich machen und Arbeitnehmern und Studenten aus Kissing kürzere Wege nach Augsburg bescheren. Allerdings gibt es vor allem aus Naturschutzgründen Bedenken.
Dass das Thema nun wieder aktuell wird, hängt damit zusammen, dass die Stadt Augsburg momentan zusammen mit ihren Bürgern ein sogenanntes „Stadtentwicklungskonzept“erarbeitet, das einen Überblick darüber gibt, wie Augsburg sich in den kommenden Jahrzehnten entwickeln soll. Als ein Vorschlag im Bereich „Mobilität und Tourismus“wird darin der Lechsteg genannt, nachdem er schon in der Netzplanung für das Projekt „Fahrradstadt 2020“aufgenommen wurde. Ziel wäre zum einen, Pendlern den Umstieg aufs Rad zu erleichtern; die nächstgelegenen Möglichkeiten zur Flussquerung sind momentan die Brücke am Mandicho- see/lechstaustufe 23 im Süden sowie der Hochablass im Norden. Das Tiefbauamt der Stadt rechnet vor, dass sich der Weg von der Uni zum Kissinger Bahnhof mit dem Fahrrad von heute 11,8 Kilometern auf 8,5 Kilometer verkürzen würde. Bei einer Fahrzeit von 26 Minuten wäre das Rad dann fast gleichauf mit dem Auto (22 Minuten). Zum anderen, so ein Argument für den Lechsteg, würde so das Gebiet für FreizeitRadler besser erschlossen.
Doch es regt sich Widerstand. Während Naturschützer aus dem Kreis Aichach-friedberg das Projekt befürworten, kommt aus dem Augsburger Naturschutz und von den Augsburger Grünen Widerstand. Der Bau einer Brücke sei mit Eingriffen in ein Naturschutzgebiet verbunden, so Fraktionsvorsitzende Martina Wild. Dies betreffe die Bauphase sowie die dauerhafte Nutzung. „Und man muss sich fragen, ob es nicht wichtigere Radachsen gibt, die vordringlicher ausgebaut werden müssten“, so Wild. Angesichts des Artenschwunds sei es notwendig, Schutzgebiete zu entlasten. Auch im Hinblick auf das anstehende Fluss-renaturierungsprojekt Licca liber, in dessen Zuge auch eine Auenlandschaft zusammen mit einem Stadtwaldbach-konzept in Lechnähe entstehen könnte, sei der Steg ein Problem. Auch das städti- sche Grünamt argumentiert, dass mit der noch besseren Erschließung des Stadtwalds der wohl größte beruhigte Raum im Stadtgebiet zerschnitten werde. Die Naturschutzverbände bringen als Alternative einen Lechsteg auf Höhe des KuhseeSüdufers ins Spiel. Damit würde der Hochablass, der für Radler nicht freigegeben ist, entlastet. Zudem führten die Wege nicht durch so sensible Bereiche.
Vom Augsburger Allgemeinen Deutschen Fahrradclub kommt hingegen die klare Forderung nach einem Steg Höhe Kissing. „Von kei-
Wie hoch wären die Kosten?
ner Einzelmaßnahme erwarten wir eine stärkere Reduktion des PkwVerkehrs. Hunderte der Berufspendler, die derzeit noch mit dem Auto Richtung München fahren, hätten einen bequemen Zugang zum Bahnhof Kissing und würden mit dem Zug nach München pendeln“, heißt es in einer Stellungnahme. Der Lechsteg könne auch helfen, den Verkehr östlich von Augsburg zu reduzieren und so die geplante Osttangente überflüssig zu machen.
Mit Interesse verfolgt auch der Kissinger Bürgermeister Manfred Wolf die Diskussion. Er hatte das ganze Thema vor 25 Jahren überhaupt angestoßen. „Einen solchen Steg sehe ich nach wie vor als vordringlich. Wer über Feinstaub spricht, muss auch über alternative Verkehrswege sprechen“, so Wolf. Ihm sei bewusst, dass es Gründe für und gegen das Projekt gebe. „Aber man muss bei allen Bedenken auch sagen, dass es den Großteil der dafür notwendigen Wege ja ohnehin jetzt schon gibt.“Außer dem Steg müsse man nicht viel Neues bauen. Es gebe viele Möglichkeiten, eine solche Brücke naturverträglich zu bauen. Wolf verweist auf den Steg über die Iller bei Legau im Kreis Unterallgäu, der allerdings auch nicht unumstritten war, oder eine moderne Stahlbrücke über die Isar in Freising.
Wie hoch die Kosten für eine solche Brücke am Lech wären, ist momentan noch völlig unklar. Vor acht Jahren hatte die Stadt die Kosten auf etwa vier Millionen Euro beziffert, Wolf eine Hängebrücken-konstruktion für unter eine Million Euro ins Spiel gebracht.
Das beim Stadtentwicklungskonzept federführende Baureferat hält die Überlegungen für den Lechsteg für sinnvoll. Seit der Ablehnung vor acht Jahren habe sich einiges geändert. Damals sei das Thema vor allem gewesen, den Wald für Erholungssuchende besser zu erschlie- ßen. Inzwischen müsse man bei der Abwägung stärker berücksichtigen, dass das Fahrrad als Verkehrsmittel an Bedeutung gewonnen habe, so das Referat. Um dem Naturschutz Rechnung zu tragen, sei ein Zonierungs- und Wegeleitsystem im Stadtwald möglich. Diskutiert wird das Thema am kommenden Donnerstag im Bauausschuss des Stadtrats. » Kommentar