Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Über Umwege fand er seine Berufung
Medien Michael André Ankermüller begann in Augsburg ein Lehramtsstudium. Nach sechs Monaten merkte er, dass das nicht das Richtige ist. Er schwenkte um, lebt heute als Blogger in Berlin
Knapp zwölf Monate lang habe er fast täglich, oft deprimiert, nach Wohnungen in Berlin geschaut. „Der Radius, in dem ich suchte, vergrößerte sich monatlich. Während ich anfangs noch optimistisch in Berlin-mitte suchte, endete ich Monate später auf Wohnungsbesichtigungen in Reinickendorf, Alttegel, Blankenfelde, Buch und Treptow“, schreibt Michael André Ankermüller in seinem neuesten Blogeintrag. Mittlerweile hat es für den gebürtigen Augsburger geklappt. Er hat eine Altbauwohnung im Stadtteil Prenzlauer Berg gefunden und richtet sie sich nach und nach mit Fundstücken von seinen Streifzügen über Flohmärkten und durch Trödelhallen ein. Wo er am liebsten nach „Möbeln und Dingen, die Geschichten erzählen“sucht, verrät er seinen Lesern in seinem Artikel. Den „Blog Bohème“(blogboheme.de) gibt es seit Jahren. Neben feuilletonistischen Themen, schreibt Ankermüller dort über Reisen, Lifestyle, Pop, Mode und interessante Menschen. Inzwischen kann der 29-Jährige davon leben. Nicht allein durch die Kooperation mit Auftraggebern. „Es ist vielmehr ein Mix.“Durch den Blog hat das eine das andere ergeben.
Doch von Anfang an. Ankermüller kam im Josefinum in Augsburg zur Welt und wuchs in Mering auf. Nach seinem Abitur am Gymnasium in St. Ottilien begann er an der Uni- versität Augsburg ein Lehramtsstudium. „Nach sechs Semestern habe ich gemerkt, dass das nicht das Richtige für mich ist.“Vergeudet war diese Zeit trotzdem nicht. Die Scheine wurden ihm angerechnet, mit dem Bachelor in der Tasche konnte er sich weiter auf die Suche nach seiner Berufung begeben: Er absolvierte ein Praktikum in einer Münchner Werbeagentur, schrieb für das Augsburger Kulturmagazin
hospitierte beim Bayerischen Rundfunk.
Dabei wurde ihm klar: Er wollte in den journalistischen Bereich gehen. Dafür ging es für ihn zunächst nach Eichstätt. Dort begann er seinen Masterstudiengang Kultur und
Zieht es ihn eines Tages wieder nach Augsburg?
Medien. Ein Auslandssemester absolvierte er in Klagenfurt im österreichischen Bundesland Kärnten. „Als Seminararbeit mussten wir in einem Kurs einen persönlichen Blog erstellen.“Mithilfe von Freunden und anderen Studenten ging sein „Blog Bohème“online, den er schnell mit Leben füllte. Als er nach seinem Auslandssemester seine Masterarbeit in Nürnberg schrieb und anschließend einen Job im Social-media-bereich in Salzburg annahm, ließ er seinen Blog nie schleifen. „Das war oft stressig, aber ich wollte, dass es weitergeht.“Heute ist der 29-Jährige froh, dass er wäh- rend seiner Studienzeit in vergleichsweise kleinen Städten lebte. „Da konnte ich mich auf den Blog konzentrieren, ihn vorantreiben.“Berlin hätte ihn damals zu sehr abgelenkt. Seit 2016 lebt er nun dort und hat gar nicht so viel Zeit, sich von dem großen Angebot der Stadt ablenken zu lassen. Oft ist er unterwegs, reist für seinen Blog herum, immer auf der Suche nach Geschichten für seine Leser. „Ich schreibe aber auch für eine Kolumne der
und biete Social-media-beratung an“, zählt er auf. Das ist nicht alles: Mal schreibt er für das Magazin über Turnschuhe, dann schreibt er einen Beitrag für das gerade im Dumont-verlag erschienene Buch „Waldwunder – Vom Glück, im Grünen zu sein“. „Eine Verlagsmitarbeiterin hat mich angeschrieben. Sie hatte auf meinem Blog Artikel über Montenegro gelesen und wollte mit mir zusammenarbeiten. Das passiert mir immer wieder, dass sich was Neues durch den Blog ergibt.“Ankermüller ist für vieles offen, hat aber auch eine genaue Vorstellung davon, was er will und was nicht. Der Blog Bohème soll inspirierend sein, authentisch und kritisch. Natürlich geht er auf Kooperationen ein, stellt auch einmal ein Produkt vor. Das sei ein schmaler Grat. „Ich will den Blog nicht kommerziell ausschlachten, muss aber auch davon leben.“Ankermüller hat seinen Weg gefunden, wie er diesen Spagat schafft. Darauf könnte er sich erst einmal ausruhen, doch das will er nicht. Für den Herbst plant er eine bis zu zweimonatige Reise durch unter anderem Serbien, Albanien und Georgien, daneben gibt es mit einem Verlag Gespräche über ein Buch. Der 29-Jährige würde den Blog außerdem gerne offline als Veranstaltung präsentieren, mit Lesungen und Vorträgen. Eine mögliche neue Aufgabe in Augsburg steht ebenfalls im Raum. Er pflegt seine Kontakte in die Heimat, trifft hier Freunde, die er im Studium kennengelernt hat, besucht das Modular-festival oder das Grandhotel. Ankermüller will nicht ausschließen, dass auch Augsburg mal wieder als Wohnort auf seinem Wunschzettel steht. „Meine Familie lebt im Süden. Dort fühle ich mich sehr wohl.“