Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Supermärkte setzen auf regionale Produkte
Handel Lebensmittelhändler müssen sich immer stärker auf ein verändertes Kundenverhalten einstellen. Das hilft vor allem Start-ups aus Augsburg, die mit ihren Waren plötzlich den Schritt in die Regale von Rewe und Edeka schaffen
Ein Supermarkt muss heute mehr können, als nur Lebensmittel anzubieten. Das Kundenverhalten hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert, die Ansprüche sind gewachsen. Das zwingt die Lebensmittelhändler zum Handeln. Discounter wie Aldi und Lidl haben bereits reagiert und modernisieren Schritt für Schritt ihre Filialen. Zum Programm gehören nun eine eigene Backwelt, die bei Aldi Süd mit bis zu 32 verschiedenen Brötchen, Semmeln und Hörnchen aufwartet. Aber auch ein Kaffeeautomat, moderne Möbel und Sitzgelegenheiten, dazu loses Obst und Gemüse und die Listung verschiedener Markenartikel gehören dazu. Damit wollen die beiden Händler markenaffine Kunden in die Läden locken und für Stammkunden den Weg in den Supermarkt überflüssig machen.
Doch ganz so einfach ist es nicht. Der Kunde wird immer anspruchsvoller, wissen auch die Verantwortlichen von Supermärkten. Einer von ihnen ist Stephan Gesell, Leiter des Rewe-markts in der Jakoberwallstraße. „Die Nachfrage nach guter Qualität steigt. Aber allein mit Bioware können sie das nicht mehr decken. Bio gehört heute schon zum Standard. Vom Mitbewerber abheben können sie sich damit nicht mehr.“Gesell und Rewe gehen deshalb, was das Sortiment angeht, andere Wege. Sie versuchen unter anderem mit Food-start-ups, also innovativen Produkten junger und lokal geprägter Unternehmen, den Kunden zu beeindrucken und damit
Verschiedene Kunden, verschiedene Markttypen
Rewe und auch Edeka nutzen nicht nur ihr Sortiment, um sich auf veränder tes Kundenverhalten einzustellen. Auch die Filialstruktur wird verfeinert. So bedient Rewe noch stärker wie Edeka verschiedene Markttypen: Mit Rewe City, Rewe Markt und Rewe Center richtet der Händler sein Konzept auf verschiedene Ladengrößen, örtliche den Nerv der Zeit zu treffen. In dem Geschäft von Stephan Gesell, das zu den Testfilialen von Rewe gehört, stehen daher unter anderem der August Gin, Suppen von Little Lunch, Wildfleisch-spezialitäten von Eat Wild, Gewürze von Pauli kocht und Bier von Frau Gruber. Alles Angebote aus Augsburg und der Region. „Diese Produkte bedienen die Trend-themen Gesundheit. Fairtrade, ohne Zusatzstoffe und qualitativ gute Ernährung“, begründet Gesell. Rewe-sprecherin Rosmarie Daubenmerkel ergänzt: „Produkte Gegebenheiten und Bedürfnisse der jeweiligen Kunden vor Ort aus. Mit Rewe to go werden künftig alle Shops von Aral Tankstellen von Rewe beliefert. Hier gibt es vor allem ver zehrfertige Produkte zum Mitnehmen. In Augsburg gibt es diese Läden be reits in der Aindlinger und in der In ninger Straße. (nist) aus der Region sind authentisch, der Kunde weiß, woher die Ware kommt und baut so ein Vertrauen auf. Das gefällt und wird verstärkt nachgefragt.“Der teurere Preis schrecke die Kunden nicht ab. Der Konsument sei wieder bereit, mehr Geld für Lebensmittel auszugeben.
Bei Rewe gibt es eine eigene Abteilung, die sich mit Trends und Innovationen auseinandersetzt und gezielt nach Angeboten junger und innovativer Unternehmen sucht. Auch Edeka ist mit seiner Onlineplattform foodstarter.de auf diesen Zug aufgesprungen. Das Augsburger Unternehmen 2KIQ hat es auf diesem Weg geschafft, mit seinem Energiegetränk „Energieliebe“die Einkäufer zu überzeugen und ist neben Rewe und Edeka Wollny in Friedberg nun auch in 1000 Edekamärkten im Vertriebsgebiet Nordbayern gelistet. Bei Aldi werden gelegentlich Produkte aus der bekannten Tv-show „Die Höhle der Löwen“angeboten. Zuletzt waren es Einwegteller aus Laubblättern von dem Start-up „leaf republic“.
Hatten große Lebensmittelhändler lange kaum Interesse an Produkten kleiner Unternehmen, ist es heute genau umgekehrt. Die Regale für Fertigprodukte werden zunehmend kürzer. Der Platz geht dafür an regionale und frische Angebote. Unter den Händlern findet fast schon ein Wettbewerb um die besten Food-start-ups statt. Doch bis diese so richtig in den Fokus der Kunden rücken, wird es noch etwas dauern. Vielen Start-ups fehlt es nämlich an der Durchschlagskraft. „Von manchen Produkten könnten wir mehr verkaufen, wenn wir die Menge bekommen würden“, erzählt Stephan Gesell und einige Anbieter hätten großen Beratungsbedarf, was beispielsweise die Verpackung, die Zutatenlisten oder ähnliches angehe. Gesell und Rewe beraten hier aber gerne, um am Ende die Wunschprodukte ins Regal zu bekommen. „Die Flexibilität ist heute wichtig. Sie müssen das Sortiment an das Kaufverhalten anpassen, wenn sie erfolgreich sein wollen“, so Gesell.