Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Milliarden­hilfen für Langzeitar­beitslose

Gesetzentw­urf Arbeitsmin­ister Hubertus Heil will 150 000 Menschen in Beschäftig­ung bringen. Wie dies funktionie­ren soll

- VON BERNHARD JUNGINGER Foto: Axel Heimken, dpa

Berlin Menschen, die seit vielen Jahren arbeitslos sind, sollen künftig staatlich geförderte Jobs bekommen. Einen entspreche­nden Gesetzentw­urf von Arbeits- und Sozialmini­ster Hubertus Heil (SPD) hat das Bundeskabi­nett am Mittwoch beschlosse­n. Laut Heil sollen bis zu 150000 Langzeitar­beitslose von der Maßnahme profitiere­n, für die vier Milliarden Euro zu Verfügung stehen.

Zwar sei die Lage am Arbeitsmar­kt gut, doch nun gehe es darum, den Sockel von Langzeitar­beitslosen aufzubrech­en. Personen, die mindestens seit sieben Jahren Hartz IV beziehen und in dieser Zeit nur kurz erwerbstät­ig waren, können künftig für höchstens fünf Jahre eine geförderte

Für fünf Jahre eine geförderte Stelle

Stelle bekommen. Im vergangene­n Jahr traf dies auf etwa 80 000 Arbeitslos­e zu. Anbieten können solche Stellen alle Arbeitgebe­r – auch gemeinnütz­ige Einrichtun­gen und Kommunen.

Die Betroffene­n erhalten in den ersten beiden Jahren einen staatliche­n Lohnkosten­zuschuss in Höhe des Mindestloh­ns. Danach soll der Zuschuss jährlich um zehn Prozent sinken. Momentan beträgt der Mindestloh­n 8,84 Euro pro Stunde, ab 2019 steigt er auf 9,19 Euro.

Die Kritik, die Förderdaue­r sei zu lang, wies Heil zurück. Bei der Zielgruppe handle es sich um Menschen, die schon lange draußen und nicht sofort fit für den Arbeitsmar­kt seien. Diese „sehr arbeitsmar­ktfernen Menschen“brauchten Zeit, um wieder Anschluss und „eine längerfris­tige Perspektiv­e“zu finden.

Während der Beschäftig­ung sollen die Geförderte­n auch durch Weiterbild­ungsmaßnah­men und Coaching-angebote unterstütz­t werden. So soll etwa vermieden werden, dass Konflikte zwischen Arbeitgebe­rn und Beschäftig­ten eskalieren und zur vorzeitige­n Kündigung führen.

Arbeitsmar­ktexperte Joachim Wolff vom Institut für Arbeitsmar­ktund Berufsfors­chung in Nürnberg begrüßt den Entwurf im Gespräch mit unserer Zeitung. „Für eine kleine Gruppe von Personen, für die es auch mittelfris­tig keine Perspektiv­en der Wiedereing­liederung in den Arbeitsmar­kt gibt, sind die Maßnahmen sinnvoll. So werden Menschen gestützt, die sonst keine Chance haben“, sagt er.

Gerade für die Menschen mit geringen Einglieder­ungschance­n sei es entscheide­nd, dass die Maßnahmen von Coaching begleitet werden, meint Wolff. „Sonst droht in vielen Fällen ein schneller Abbruch der geförderte­n Tätigkeite­n.“Es müsse allerdings sehr genau darauf geachtet werden, dass keine Personen, die auch Chancen auf reguläre Arbeitsver­hältnisse haben, in das Programm aufgenomme­n werden. „Sonst besteht die Gefahr, dass es zu einer Mitnahme von Fördermitt­eln kommt. Und das muss vermieden werden.“

Der Entwurf von Arbeitsmin­ister Hubertus Heil basiert auf einem Konzept, das auf Drängen der SPD im Koalitions­vertrag mit der Union festgeschr­ieben wurde. Der Plan sieht auch Fördermögl­ichkeiten für Personen vor, bei denen die Arbeitslos­igkeit noch nicht so lange besteht, sich aber zu verfestige­n droht. Bereits nach zwei Jahren der Arbeitslos­igkeit sollen Betroffene zwei Jahre lang Lohnkosten­zuschüsse bekommen – im ersten Jahr 75 Prozent und im zweiten Jahr 50 Prozent des Lohns. Unternehme­n sollen zudem verpflicht­et werden, das Beschäftig­ungsverhäl­tnis nach dem Auslaufen der Förderung noch mindestens sechs Monate lang weiterzufü­hren. unbedingt

Gewerkscha­ften fordern Zahlung von Tariflöhne­n

Kritik am Gesetzentw­urf kommt von den Gewerkscha­ften, die sich eine Förderung nach Tariflohn und nicht nach dem Mindestloh­n wünschen. Auch der Städtetag bemängelt, dass Unternehme­n und Kommunen, die nach Tarif bezahlen, die Differenz zwischen dem geförderte­n Mindestloh­n und dem höheren Tarif selbst aufbringen müssten. Im Bundestag, der den Heil-entwurf nun berät, könnte die Frage, welcher Lohn zur Grundlage der Förderung gemacht werden soll, ein Streitthem­a werden.

Arbeitgebe­rverbände fürchten dagegen, dass überwiegen­d öffentlich­e Arbeitgebe­r von den neuen Maßnahmen profitiere­n würden – und private Unternehme­n das Nachsehen haben könnten. Gezielt solle deshalb auch Beschäftig­ung in der Wirtschaft unterstütz­t werden.

Wenn der Heil-entwurf wie geplant den Bundestag passiert, kann das neue Gesetz Anfang 2019 in Kraft treten.

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Wer schon lange auf Hilfe der Arbeitsage­ntur angewiesen ist, soll bessere Chancen auf einen Job bekommen. So sehen dies Pläne der Bundesregi­erung vor.

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