Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Hält der „Ehe Vertrag“im Rathaus?

Kommunalpo­litik Noch nehmen CSU und SPD die angedrohte­n Absatzbewe­gungen der Grünen gelassen zur Kenntnis. Der kleinste Bündnispar­tner erläutert, wo er die Schwierigk­eiten in der Stadtregie­rung sieht

- VON MICHAEL HÖRMANN

Ein Bündnis Schwarz, Rot, Grün ist auch in der immer bunter werdenden politische­n Landschaft in Deutschlan­d durchaus außergewöh­nlich. Augsburg hat eine solche Partnersch­aft. Steht das „politische Experiment“, wie es die Macher des im Augsburger Rathaus regierende­n Dreierbünd­nisses anfangs selbst bezeichnet, nun vor dem Aus?

Jedenfalls knirscht es gewaltig im Gesamtgefü­ge zwischen der starken Csu-stadtratsf­raktion sowie den beiden deutlich kleineren Partnern SPD und Grüne. Seit Mai 2014 wird gemeinsam regiert. CSU und SPD hatten dazu einen Koalitions­vertrag abgeschlos­sen, die Grünen sitzen als Kooperatio­nspartner mit im Boot. In Reihen der Grünen, die Reiner Erben als Umweltrefe­renten stellen, brodelt es gewaltig. Ein Ausstieg aus dem Bündnis ist zumindest nicht ausgeschlo­ssen. Die Fraktionsv­orsitzende Martina Wild sagte am Freitag: „Es gibt derzeit bei verschiede­nen Themen unterschie­dliche Auffassung­en.“Dass die Grünen dabei ganz gezielt, auf „wertvolle grüne Flächen“schauen, sei sicherlich nachvollzi­ehbar. Man sei aber sehr wohl mit den Bündnispar­tnern in Gesprächen. Eine Absage ans Bündnis gibt es von Martina

„Mit Ausstieg zu drohen, ist eine Art Erpressung“

Wild nicht, sie sagt aber auch: „Wenn wir bei bestimmten Themen am Ende immer allein dastehen, muss man zumindest überlegen, ob die Fortsetzun­g der Kooperatio­n sinnvoll ist.“

Bei CSU und SPD nimmt man das Agieren der Grünen derzeit noch vergleichs­weise gelassen. Csufraktio­nschef Bernd Kränzle sagt: „Ich sehe keinen triftigen Grund, die Bündnisfra­ge zu stellen.“Dass es bei der Umsetzung des Stadtentwi­cklungskon­zepts unterschie­dliche Positionen gibt, liege gegenwärti­g auf der Hand. „Aber darum werden Gespräche geführt, in denen auch Oberbürger­meister Kurt Gribl eine Vermittler­rolle zukommt.“So sei es ohnehin in den Verträgen verein-

bart. Der Ton im Bündnis wird jedoch rauer. Spd-fraktionsc­hefin Margarete Heinrich meint: „Wenn immer gleich mit dem Ausstieg aus dem Bündnis gedroht wird, empfinde ich das schon als eine Art Erpressung.“Letztlich gehe es im Bündnis doch darum, inhaltlich um Positionen in einzelnen Themenbere­ichen zu ringen. Irritiert sei sie, so Heinrich, dass die Grünen in Sitzungen dann anders argumentie­rten, als es zuvor im Koalitions­ausschuss besprochen worden sei.

Dieses Gremium ist mit den Spitzenver­tretern der drei Fraktionen besetzt, hier werden die Themen vorberaten. Heinrich, die im Herbst für den Landtag kandidiert, verhehlt nicht, dass es atmosphäri­sch schon besser mit den Grünen gelaufen sei. Womöglich spiele hier auch die Landtagswa­hl eine Rolle.

Bei den Grünen kandidiere­n die stellvertr­etenden Fraktionsv­orsit-

Stephanie Schuhknech­t und Cemal Bozoglu. Die Chancen von Heinrich, Schuhknech­t und Bozoglu, in den Landtag einzuziehe­n, stehen nicht schlecht. Dass es in der Stadtregie­rung zwischen den Koalitionä­ren CSU und SPD mitunter Spannungen gebe, bestätigt Heinrich. Dies sei keinesfall­s außergewöh­nlich. Die SPD stehe jedenfalls zur Koalition: „Die Frage eines Ausstiegs stellt sich derzeit nicht.“

Grundlage der Zusammenar­beit im Bündnis ist ein interfrakt­ioneller Vertrag. Darin haben CSU und SPD 40 Punkte für ihr Regierungs­programm aufgeliste­t. Darüber hinaus gibt es eine interfrakt­ionelle Kooperatio­nsvereinba­rung, die die Koalitionä­re CSU und SPD mit ihrem Partner, den Grünen, abgeschlos­sen haben. Hier sind es 31 Punkte. Am 17. April 2014 wurde das Paket besiegelt. 18 Unterschri­ften in mehrfacher Ausfertigu­ng waren dazu nötig.

Das Dreierbünd­nis gab dem Schulsanie­rungsprogr­amm höchste Priorität. Ausgehande­lt wurde es in vier Wochen nach der Kommunalwa­hl im März 2014. Für politische Beobachter war es schnell absehbar, dass es auf eine Große Koalition im Rathaus hinauslauf­en werde. CSU und SPD blieben mit Abstand stärkste Parteien und hatten bereits aus eigener Kraft die Mehrheit im neuen Stadtrat. Da eine breite Mehrheit im Stadtrat gesucht wurde, seien zudem die Grünen mit ihren sieben Sitzen als Partner ins Gespräch gekommen, hieß es. Gerade für den weiteren Umbau des Bahnhofs – „ein Jahrhunder­tprojekt“laut Csu-fraktionsc­hef Kränzle – sei eine breit aufgestell­te Stadtregie­rung von großem Vorteil.

Die Fraktionss­tärke von SPD (13 Mitglieder) und Grünen (sieben) ist seit der Wahl 2014 unveränder­t. Die CSU legte zu, sie wuchs von 23 Mitzenden gliedern auf nunmehr 28. Hinzu kommt bei Abstimmung­en im Stadtrat die Stimme von Oberbürger­meister Kurt Gribl. 61 Stimmen sind es insgesamt.

 ?? Archivfoto: Annette Zoepf ?? Der „Ehe Vertrag“des im Augsburger Rathaus regierende­n Dreierbünd­nisses von CSU, SPD und Grünen wurde am 17. April 2014 besiegelt. Elf Personen setzten damals ins gesamt 18 Unterschri­ften in mehrfacher Ausfertigu­ng.
Archivfoto: Annette Zoepf Der „Ehe Vertrag“des im Augsburger Rathaus regierende­n Dreierbünd­nisses von CSU, SPD und Grünen wurde am 17. April 2014 besiegelt. Elf Personen setzten damals ins gesamt 18 Unterschri­ften in mehrfacher Ausfertigu­ng.
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Bernd Kränzle
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Reiner Erben
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Martina Wild
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M. Heinrich

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