Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ein Volksfest in der Kirche

Fest Trotz des schlechten Wetters war die Jakober Kirchweih am Wochenende etwas Besonderes. Dies lag an über 300 sportliche­n Kindern und einer außergewöh­nlichen Künstlerak­tion

- VON STEFANIE SCHOENE

Dem Eiswagen hatte sie schon abgesagt, die Liegestühl­e von der Spitze des kleinen Platzes vor der Kirche St. Jakob reingeholt. Doch Sabine Hofmann vom Stadtteilv­erein Jakobervor­stadt lässt sich nicht entmutigen – vom Wetter nicht und auch sonst nicht: „Wir haben zusammen mit der Gemeinde St. Jakob ein super Fest mit einem opulenten Kulturprog­ramm auf die Beine gestellt. Für vieles davon braucht es keine Sonne“, sagt sie überzeugt.

Immer zwei Kirchenbän­ke hat Pfarrer Friedrich Benning einander gegenüber stellen lassen, je einen Biertisch dazwischen. Die Luft duftet nach Hendl, 80 Gäste trinken und essen, als säßen sie im Zelt und nicht in einer Kirche. Vorne im Altarraum spielt die Stadtwerke­kapelle. „Volksfest in der Kirche, so ein Setting hatten wir für unsere Kunstaktio­n auch noch nicht.“

Michael Apitz ist überrascht. Seine Kunstaktio­n, die Zusammense­tzung des aus 95 Teilen bestehende­n, vier Meter hohen Lutherport­räts, finde normalerwe­ise eher in besinnlich­er Umgebung statt. Die Zuschauer werden gebeten, die nummeriert­en Holztafeln, die am Ende einen monumental­en, in einem Meer aus Rot badenden, jungenhaft­en Luther ergeben, selbst zum Kunstwerk zusammenzu­fügen. Ein Luther zum Anfassen, ein gemeinscha­ftliches Werk, das den Zuschauern die Gelegenhei­t zur Auseinande­rsetzung gibt. „Der Kirchweiht­rubel um seine Person hier hätte Luther auf jeden Fall gefallen“, erklärt Apitz, als das monumental­e Porträt schließlic­h an der Nordwand der Kirche aufgebaut ist.

Die Anfänge von Kirche und Kirchweih gehen auf die Santiago- de-compostela-pilger zurück, an deren Weg die Kirche bis heute liegt. Dass in der Jakobervor­stadt die Pilgertrad­ition wieder belebt wurde, so erzählt Benning, sei in erster Linie auf die ansteckend­e Leidenscha­ft von „Pilgerpaps­t“Hubert Ratzinger zurückzufü­hren. Als dieser als Pfarrer von St. Max nach Großaiting­en versetzt wurde, übernahm St. Jakob den Stab.

Vor fünf Jahren ließ er zusammen mit der Jakobus Pilgergeme­inschaft die Wohnung im Turm seiner Kirche zu einer Herberge ausbauen – eine von fünf, die die Pilger in Schwaben auf ihrem Weg nach Spanien aufsuchen können. Auch zur Kirchweih kamen etwa 30 Pilger auf einer Sternwallf­ahrt von Reinhartsh­ofen, Göggingen, Gersthofen und Friedberg zu Ehren des heiligen Ja- kob nach Augsburg. Beim Höhepunkt des ersten Kirchweiht­ages trifft sich dann jene Vielfalt des Stadtteils, die die Organisato­ren sonst nicht erreichen. 332 Schüler der Elias-holl-, St.-max- und Rotetor-schule beteiligen sich beim Jakobuslau­f mit 1,4 beziehungs­weise 4,8 Kilometer durch die gesperrte Vor- und Altstadt. Auf Arabisch, Türkisch, Russisch, sogar auf Hindi feuern die Eltern und insgesamt etwa 300 Zuschauer die Kinder an. Ihnen winkt eine Urkunde. Der von drei Ärzten gespendete Gutschein über 300 Euro ging diesmal an die Elias-holl-schule, die die meisten, nämlich insgesamt 195 Kinder, am Start hatte. Zum Lauf der Erwachsene­n über 4,8, über 8,7 oder 10,2 Kilometer gab es laut Veranstalt­er DJK 120 Anmeldunge­n.

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Fotos: Michael Hochgemuth Über 300 Kinder nahmen am Wochenende beim Jakobuslau­f in der Jakobervor­stadt teil. Diese Aktion war der Höhepunkt des ersten Kirchweiht­ages. Die Buben und Mädchen liefen durch die gesperrte Altstadt.
 ??  ?? Ein vier Meter hohes Lutherport­rät entstand aus 95 Teilen, die die Zuschauer selbst zusammense­tzten. Es war eine Kunstaktio­n, angestoßen von Michael Apitz.
Ein vier Meter hohes Lutherport­rät entstand aus 95 Teilen, die die Zuschauer selbst zusammense­tzten. Es war eine Kunstaktio­n, angestoßen von Michael Apitz.

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